Ärztetag Deutschlands Medizin hinkt digital hinterher

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3. Der Gesundheitsminister hält sich zurück

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat in Freiburg viel Lob von Ärztepräsident Montgomery bekommen. Der Minister sieht sich eher als Moderator und weniger als Treiber neuer Entwicklungen. Das ist in Zeiten voller Sozialkassen machbar, es macht das Gesundheitssystem aber nicht moderner. Vor zwei Jahren schien Gröhe umzusteuern. Er stellte ein Gesetz vor, dass Ärzten und Kassen Geldstrafen androhte, sollten sie bei der geplanten Digitalisierung weiter bremsen. Das führte dazu, dass diese nun auftreten wie die griechische Regierung und Gröhe wie ein Vertreter der Europäischen Union. Die einen liefern zu spät und zu wenig, die anderen fordern mehr und fragen immer mal stirnrunzelnd nach. Und am Ende geht es irgendwie weiter, ohne dass es viel besser wird.

Gröhe fordert globale Zusammenarbeit gegen Gesundheitsgefahren

4. Die Patienten fordern zu wenig

Schon einfache digitale Anwendungen haben Vorteile: Sind im Notfall die Gesundheitsdaten eines Kranken abrufbar, kann ihm schneller und gezielter geholfen werden.  Eine elektronische Liste mit allen Arzneimitteln, die jemand einnimmt, kann helfen, Unverträglichkeiten und zu hohe Dosen zu erkennen.

Doch Menschen sind meist krank oder haben andere Sorgen, wenn sie das Gesundheitssystem besonders brauchen. Technikaffine Jüngere sind seltener krank. Dass Jüngere digitaler Medizin trauen, zeigt sich daran, wie populär Fitness- und Gesundheit-Apps sind. Dabei ist dieser Markt noch kaum reguliert und viele Apps saugen vor allem die Gesundheitsdaten der Nutzer ab. 

Langsam setzt sich bei Bürgern aber eine andere Haltung durch: Menschen in entlegenen Gegenden fordern Telemedizin statt weiter Wege zum Hausarzt. Chronisch Kranke haben erfolgreich gegen Verbote von Online-Apotheken geklagt.

5. Gesundheits-Startups haben es schwer

Gründer mit einer tollen technologischen Idee haben es im Gesundheitswesen schwer. Viele schaffen es nicht, die lange Zeit zwischen Entwicklung einer Geschäftsidee und tatsächlicher Umsetzung zu überstehen. Das liegt zum einen daran, dass medizinische Anwendungen, die  Versicherungen bezahlen, zunächst geprüft werden. Es ist sinnvoll zu testen, ob eine Anwendung der Gesundheit hilft und einigermaßen wirtschaftlich ist. Patienten sind halt keine Kunden, die das alles selber entscheiden und bezahlen. Doch weniger sinnvoll ist, dass manche Versicherungen Digitalisierung immer noch mit der Anschaffung von PCs gleichsetzen. Nur einige Vertreter der Sozialversicherungen sind neuer Technik gegenüber aufgeschlossen. Und solange 95 Prozent der Kassenleistungen ohnehin für alle Krankenkassen gleich sind, lohnt es sich auch noch wenig, mit digitalen Angeboten neue Versicherte zu locken. Manche Medizin-Startups sind da gleich in die USA ausgewandert.

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