AfD-Chef Jörg Meuthen wechselt ins Europaparlament

Beatrix von Storch ist für die AfD in den Bundestag eingezogen. Dadurch wurde ihr Mandat im Europaparlament frei. Jetzt hat AfD-Chef Jörg Meuthen überraschend zugegriffen.

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Der AfD-Chef gibt seinen Fraktionsvorsitz im Stuttgarter Landtag zugunsten eines Mandats im Europaparlament auf. Quelle: dpa

Stuttgart/Berlin Der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen will Abgeordneter seiner Partei im Europäischen Parlament werden. „Ich gebe damit den von mir sehr gern wahrgenommenen und gut dotierten Fraktionsvorsitz im Stuttgarter Landtag auf“, schrieb er am Dienstag in einer E-Mail an seine Parteikollegen. Er wolle den Vorsitz in Stuttgart zum 30. November abgeben. Sein Landtagsmandat werde er aber „für eine notwendige Übergangszeit“ behalten. Er betonte: „Meine Entlohnung als Landtagsabgeordneter, die sogenannte Abgeordnetenentschädigung, entfällt mit der Annahme des Europamandats sofort zu 100 Prozent.“ Als neuen Chef der Landtagsfraktion schlug Meuthen seinen bisherigen Stellvertreter vor, den 62 Jahre alten Bernd Gögel.

Meuthen hatte zuvor bereits angekündigt, er wolle auf dem Bundesparteitag am 2. Dezember in Hannover erneut für den Parteivorsitz kandidieren. Wer sonst kandidieren wird, ist noch unklar. Die zweite Parteivorsitzende, Frauke Petry, hatte der AfD nach der Bundestagswahl Ende September den Rücken gekehrt. Sie hatte diesen Schritt unter anderem mit dem Erstarken des rechtsnationalen Flügels um den Thüringer Rechtsaußen Björn Höcke begründet.

Das Europa-Mandat übernimmt Meuthen von Beatrix von Storch, die in den Bundestag gewechselt ist. Bisher war man in der AfD davon ausgegangen, dass Meuthen von seinem Anspruch, als Nachrücker ins Europäische Parlament zu wechseln, keinen Gebrauch machen würde. Dann wäre das Mandat an das Bundesvorstandsmitglied Dirk Driesang aus Bayern gefallen. Driesang gehört zu den Gründern der „Alternativen Mitte“, einer gemäßigten Strömung innerhalb der AfD.

Driesang zeigte sich enttäuscht von Meuthens Entscheidung. „Ich bin ein bisschen traurig“, sagte er der „FAZ“ (Mittwoch). Er werde sich nun wohl aus der aktiven Politik zurückziehen müssen, da er ohne ein Mandat seine Parteiverpflichtungen nicht länger mit seiner beruflichen Tätigkeit als Opernsänger unter einen Hut bringen könne. Meuthen sagte: „Sollte er sich völlig zurückziehen, würde ich das bedauern.“

Der AfD-Bundestagsabgeordnete Uwe Witt kritisierte, dass Meuthen sein Landtagsmandat nicht sofort abgeben will. „Damit nimmt er einem anderen Parteimitglied den Platz weg“, sagte Witt der Deutschen Presse-Agentur. „Fatal“ sei diese Entscheidung auch, weil Meuthen dieses Verhalten zuvor selbst kritisiert habe – unter anderem bei Marcus Pretzell, der inzwischen aus der AfD ausgeschieden ist. Pretzell ist der Ehemann der früheren AfD-Vorsitzenden Petry. Er ist Abgeordneter des Landtags in Düsseldorf und Mitglied des Europäischen Parlaments.

Auch bei der Brandenburger AfD drehte sich am Dienstag das Personalkarussell. Andreas Kalbitz rückte als Nachfolger von Alexander Gauland an die Spitze der Brandenburger AfD-Fraktion. Er habe acht von zehn Stimmen erhalten, teilte Kalbitz nach der Wahl mit. Ein Abgeordneter stimmte demnach gegen ihn, ein Stimmzettel war ungültig. Gauland hatte im September ein Bundestagsmandat gewonnen und daher sein Landtagsmandat abgegeben. Kalbitz war bislang Vize-Chef der Fraktion. Der 44-Jährige hatte zuvor bereits den Landesparteivorsitz von Gauland übernommen. Kalbitz gehört zum Höcke-„Flügel“, der die AfD als „Widerstandsbewegung gegen die weitere Aushöhlung der Souveränität und der Identität Deutschlands“ versteht.

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