AfD-Chef Jörg Meuthen "Wir müssen die Währungsunion auflösen"

Beim Parteitag in Stuttgart droht der Konflikt zwischen nationalkonservativen und liberalen Kräften die AfD zu spalten. Parteichef Jörg Meuthen erklärt, warum die AfD pro Freihandel aber gegen TTIP ist und für den Rauswurf Frankreichs aus dem Euro.

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AfD-Co-Chef Jörg Meuthen ist gegen das Freihandelsabkommen TTIP aber für Freihandel im Allgemeinen. Quelle: dpa

Wenn sich die AfD am Wochenende in Stuttgart zum Parteitag trifft, dann steht mal wieder Grundsätzliches zur Debatte. In welche Richtung driftet die Partei? Setzen sich die nationalkonservativen oder die liberaleren Kräfte durch? Allein zur Selbstbestimmung in der Präambel liegen dutzendfach Änderungsanträge vor. Parteichefin Frauke Petry hat schon im Vorfeld „rote Linien“ gezogen. „Die freiheitlich-demokratische Grundordnung, mit allem, was dazu gehört“ dürfe die Partei nicht verlassen. Ob dieser Rahmen gehalten werde, davon machte Petry perspektivisch auch ihre Mitgliedschaft abhängig. Auch für ihren Partner an der Spitze, den Ökonomie-Professor Jörg Meuthen, der sich selbst als „ordoliberal“ bezeichnet, könnte es schwierig werden. Zwar sieht der Leitantrag eine teilweise recht wirtschaftsliberale Linie vor. Ob der Antrag durchkommt, ist aber völlig offen. Im Interview mit der WirtschaftsWoche erklärt Meuthen, was er vom Programm der eigenen Partei hält und welche Positionen für ihn nicht verhandelbar sind.

WirtschaftsWoche: Herr Meuthen, beim Parteitag vor einem Jahr hat sich der Flügel um Mitgründer Bernd Lucke aus Protest abgespalten. Wie schlimm wird es diesmal?

Jörg Meuthen: Anders als damals in Essen stehen diesmal nicht Fragen der Existenz der Partei auf der Tagesordnung. Wir werden hart um Themen ringen, aber eben nur um Themen. Sicher werden wir nicht pünktlich fertig werden, uns aber bestimmt nicht zerfleischen.

Die Euro-Krise war als wirtschaftspolitisches Thema Ursache für die Gründung, aber auch die Spaltung der AfD. Drohen neue Konflikte um den ökonomischen Kurs?

Das erwarte ich nicht, wie Sie schon an der Tagesordnung erkennen. Um möglichst viele Themen abzuarbeiten, haben wir diese nach ihrer Konfliktträchtigkeit geordnet: Die schwierigen kommen ganz zum Schluss. Wirtschaft steht ziemlich weit vorne.

Zur Person

Sie bezeichnen sich als ordoliberal. Trifft das auch auf die Mehrheit der Partei zu?

Das glaube ich schon, obwohl mit diesem akademischen Etikett kaum einer wirklich etwas anfangen kann. Aber eine Überzeugung teilen die meisten in unserer Partei: Wir wollen einen schlanken Staat, der klare Regeln formuliert.

Konsequent liberal ist das AfD-Programm trotzdem nicht. Immerhin fordert Ihre Partei den Mindestlohn.

Das passt nicht zusammen, das finde ich auch. Aber mit dieser Meinung konnte ich mich leider nicht durchsetzen. Hier haben sich Parteimitglieder durchgesetzt, die einen staatlichen Eingriff in den Preismechanismus befürworten.

Der Leitantrag erklärt auch Wirtschaftssanktionen gegen Länder wie Russland zu einem Tabu. Meinen Sie das ernst?

Von den Russland-Sanktionen halten wir alle in der Tat nichts. Ich finde es aber nicht richtig, Sanktionen grundsätzlich abzulehnen. Damit beraubt man sich ohne Not einer außenpolitischen Handlungsoption.

Auch die Haltung ihrer Partei zum Freihandel wirkt nicht eindeutig. Erst heißt der Leitantrag Freihandelsabkommen gut, lehnt dann aber TTIP ab.

Das passt wunderbar zusammen. Freihandelsabkommen sind eine gute Sache, doch bei TTIP ist die Maxime vom Freihandel nur Deckmäntelchen, um zu verschleiern, wie wir unsere Souveränität in den Verhandlungen mit den Amerikanern aufgeben.

Viele AfD-Mitglieder wollen aber künftig im Parteiprogramm ganz klar machen, dass sie von Freihandelsabkommen nichts halten.

Das ist eine unsinnige Position. Echter Freihandel ist ein Segen für alle Beteiligten. Wer daran rüttelt, darf sich auch nicht freiheitlich nennen. Deshalb habe ich ein Problem mit dem Front National in Frankreich, weil der solche Positionen vertritt.

Sie haben beim Euro auch ein Problem mit ihren Parteifreunden. Die meisten fordern ein Ende der Währungsunion. Sie aber wollen die in kleiner Runde fortsetzen.

Das ist nur eine Frage der Reihenfolge. Zuerst müssen wir die Währungsunion im derzeitigen großen Verbund auflösen, danach könnten wir neue Verbündete für eine kleinere Währungsunion finden.

Und das machen Ihre AfD-Kollegen mit?

Ich sehe niemanden in der Partei, der ein Problem damit hätte, wenn wir Deutsche etwa mit Österreich und den Niederlanden eine gemeinsame Währung hätten. Frankreich passt da nicht dazu, die Stabilitätskultur dort passt schlichtweg nicht zu unserer.

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