Herr Häusler, die AfD hat bei der Bundestagswahl 4,7 Prozent der Stimmen geholt. Wie viele davon kamen aus dem rechtspopulistischen Lager?
Alexander Häusler: Das lässt sich so pauschal nicht sagen. Aber ein wichtiger Teil kam von Wählern, die Positionen rechts der CDU und CSU vertreten. Nach unserer Einschätzung könnte die AfD genau die Partei werden, vor der sich Franz Josef Strauß immer gefürchtet hat: Ganz nah am rechten Rand, aber auf dem Boden der Verfassung.
Dabei hat die Partei doch mit einem rein wirtschaftspolitischen Thema, der Euro-Kritik, begonnen.
Das stimmt, am Anfang war die AfD von ihrem marktradikalen Kern geprägt. Inzwischen aber gibt es in der Partei drei ungefähr gleich starke Milieus: Ein marktradikales, ein nationalkonservatives und ein rechtspopulistisches. Die kämpfen gerade um die Vorherrschaft. In den Parteipositionen finden wir bereits eine ganze Reihe von rechtspopulistischen Formulierungen. Das beginnt bei den Positionen zur Zuwanderung und setzt sich bei den Themen Familie, Homosexualität und EU-Integration fort.
Geht dabei die ursprüngliche ökonomisch intellektuelle Ausrichtung der „Professorenpartei“ verloren?
Das lässt sich so nicht sagen. Denn die Thesen zu Europa wurden vom Führungspersonal der Partei ja sehr bald mit chauvinistischen Tönen vermischt. Auch von Parteichef Bernd Lucke gibt es einige Äußerungen, in denen er die wirtschaftliche Analyse mit kulturell begründeten Aussagen über Volksgruppen vermischt. Das ist typisch für das rechtspopulistische Milieu.
Die Partei fischt also bewusst Stimmen am rechten Rand?
Zumindest in der Endphase des Wahlkampfes war das so, einige Mitglieder aus dem Führungszirkel, wie zum Beispiel Alexander Gauland, haben wiederholt Positionen vertreten, die man als Anbiederung an das rechtspopulistische Milieu auffassen kann.
Wie reagiert das rechte Milieu auf die Partei?
Unterschiedlich. Während die rechte Presse von der „Jungen Freiheit“ bis zur „Preußischen Allgemeinen“ geradezu euphorisch auf die AfD reagierte, haben viele Kleinparteien sich versucht abzugrenzen.
Gibt es auch personelle Überschneidungen mit dem rechten Milieu?
Eindeutig ja. Es sind viele Übertritte aus anderen Parteien dokumentiert. Besonders deutlich wird das beim Bezug auf den „Bund freier Bürger –Offensive für Deutschland“, der sich aus Protest gegen die Verträge von Maastricht formierte und dann immer weiter nach rechts driftete. Viele der Sympathisanten und Aktiven von damals sind heute in der AfD. Sogar der Name „Alternative für Deutschland“ erinnert an das Bündnis.
Wird die Partei aus ihrer Sicht das rechte Spektrum hinter sich versammeln können?
Das erwarte ich nicht. So eindeutig rechtspopulistisch die Partei an vielen Punkten ist, so wenig hat sie mit dem offen verfassungsfeindlichen Rechtsextremismus zu tun. Das zeigt sich zum einen daran, dass sie kaum auf Kosten der NPD Stimmen gewonnen hat. Stattdessen stellt die AfD eine Konkurrenz dar für rechte Splitterparteien wie die „Pro“-Bewegung und die "Republikaner". Die setzen ja stark auf muslimkritische Äußerungen, ein Muster das wir aus den Niederlanden oder der Schweiz kennen. Etliche Mitglieder der aufgelösten muslimfeindlichen Partei "Die Freiheit" wirken gar bei der AfD mit.
Wird es bei der AfD also bald mehr um Minarette als um Rettungspakete gehen?
Welches Milieu sich durchsetzt, das ist jetzt tatsächlich die spannende Frage. In den nächsten Monaten wird sich die Partei zu mehr Themen positionieren müssen und wir beobachten schon jetzt, dass es in der Bewegung einen heftigen Richtungsstreit gibt.
Woran entzündet sich der Streit?
Im Moment geht es vor allem um die Frage, wie die Partei mit der Islamkritik umgehen soll. Wenn man da einen Blick in die einschlägigen Foren wirft, sieht man, dass da wirklich heftig gerungen wird.
Wie passt all das damit zusammen, dass die Partei so viele Wechselwähler von den Linken gewinnen konnte?
Gar nicht. Muss es aber auch nicht. Der aktive Kern der Partei spiegelt ja nur begrenzt die Wählerschaft. Und da war eben eine große Gruppe von reinen Protestwählern. Bei denen kommt der typische Jargon von rechtspopulistischen Parteien gut an, egal ob sie eher rechts oder links sind.