AfD Kasse machen mit den Rechtspopulisten

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Herr Ng tut was für seine Heimat

Manyan Ng findet: ja. „Wir tun etwas für die Meinungsfreiheit in Deutschland.“

Ng ist der mit Sicherheit überraschendste Gewinner des rechten Booms. Ng betreibt die Onlinezeitung „Epoch Times“, die Lieblingspostille der Lügenpresse-Rufer von Pegida. Regelmäßig werden auf der Facebook-Seite der Protestbewegung Links der Publikation geteilt, sogar einen Livestream der Demonstrationen bietet man an. Seit Anfang 2015 hat sich die Zahl der Nutzer von 1,4 Millionen im Monat auf 2,3 Millionen fast verdoppelt. Dennoch gibt sich Ng verwundert, als man ihn Ende Januar auf die Schützenhilfe von Pegida hinweist. „Das habe ich nicht gewusst“, sagt Ng, er werde das sofort überprüfen.

Tage später schaltet „Epoch Times“ den nächsten Livestream. Deutlich glaubwürdiger ist da der Rest der ungewöhnlichen Geschichte des Herrn Ng. Er stammt aus Hongkong, Ende der Sechzigerjahre ist er zum Studieren nach Schweden gezogen, er begann dann eine Karriere in der Chemieindustrie, die ihn und seine deutsche Frau irgendwann in den Odenwald führte.


So weit, so Globalisierung. Während all der Jahre aber pflegte Ng zusammen mit ein paar befreundeten Exilchinesen in den USA sein politisches Hobby, die Unterstützung chinesischer Regimekritiker. In den späten Neunzigerjahren wurde daraus ein publizistisches Projekt: Die „Epoch Times“ sollte der chinesischen Presse unabhängige Information entgegensetzen. Zunächst machten sie nur eine englische und eine chinesische Ausgabe, seit 2005 folgte eine deutsche.

Eine mutige, eine ehrenwerte Idee. Aber auch eine ziemlich kostspielige. Die gedruckte Version mussten sie bald wieder einstellen, auch sonst kam Ng an seine Grenzen. „Sie können so etwas nicht machen, wenn Sie dauerhaft nur Geld hineinstecken“, beschreibt Ng seine Lage vor ein paar Monaten, die man sich als Zwickmühle vorstellen muss: hier das Prestigeprojekt, das ständig Verluste einfährt. Dort die ersten Artikel über Flüchtlinge, die vielleicht nicht jedem Faktencheck, dafür aber der Bilanzprüfung standhalten.

Ng hat seine Entscheidung getroffen. Seit Anfang 2015 schreibt das Projekt nun schwarze Zahlen, der Umsatz liegt im sechsstelligen Bereich, ein Dutzend Mitarbeiter beschäftigt Ng nach eigenen Angaben inzwischen in Berlin, die Hälfte davon Vollzeit. Ein komischer Deal: Damit die Meinungsvielfalt in China steigt, muss Deutschland ein bisschen mehr Desinformation über Flüchtlinge ertragen. Ng ist damit einer der großen Abstauber des rechten Booms: ohne jeglichen ideologischen Anspruch in der Sache, aber auch ohne größere Skrupel und mit dem Gefühl fürs richtige Timing.

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