AfD in Baden-Württemberg Parteien streiten über Boykott der AfD

In Baden-Württemberg ist ein Streit über eine mögliche TV-Debatte vor der Landtagswahl unter Teilnahme der AfD entbrannt. Der SWR hält sich die Option offen. SPD und Grüne lehnen das ab. In der CDU ist man sich uneins.

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Der Spitzenkandidat der Alternative für Deutschland (AfD), Jörg Meuthen. Die etablierten Parteien wollen nicht mit dem AfD-Mann diskutieren. Quelle: dpa

Berlin Überlegungen des Südwestrundfunks (SWR), den Spitzenkandidaten der Alternative für Deutschland (AfD) zur Elefantenrunde im Vorfeld der Landtagswahl in Baden-Württemberg einzuladen, werden von SPD und Grünen strikt abgelehnt. Die Spitze der Südwest-CDU will sich hingegen einer solchen TV-Debatte nicht generell verweigern. Doch das ist parteiintern umstritten.

„Öffentlich-rechtliche Sender sollten sich streng an formale Kriterien halten. Es kann nicht sein, dass selbst ermittelte Umfrageergebnisse zum Maßstab für Einladungen in Fernseh-Wahldebatten gemacht werden, sondern alleine die Entscheidung des Wählers bei der letzten Landtagswahl sollte Grund für die Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung einer Partei sein“, sagte der Vorsitzende der Jungen Gruppe der Unions-Bundestagfraktion, Steffen Bilger, dem Handelsblatt. „Daher erwarte ich für Baden-Württemberg, dass im SWR weder die AfD noch die Linkspartei wie im Landtag vertretene Parteien behandelt werden“, fügte das Mitglied im Landesvorstand der baden-württembergischen CDU hinzu.

Auch SPD und Grüne wollen nicht mit Politikern der AfD diskutieren. Die Wahl ist am 13. März. Geplant ist die sogenannte Elefantenrunde am 10. März. Entscheiden will der SWR wohl am heutigen Donnerstag im Licht der Umfragen. Laut jüngsten Erhebungen könnte es der AfD gelingen, erstmals in den Stuttgarter Landtag einzuziehen. Die Meinungsforscher sehen die AfD zwischen sechs und acht Prozent.

Bestätigen sich die Prognosen, dürfte es weder für eine Neuauflage von Grün-Rot noch für eine Rückkehr zur vormaligen schwarz-gelben Koalition reichen. Rechnerisch wäre derzeit nur Schwarz-Rot, Schwarz-Grün oder eine grün-rot-gelbe Ampel möglich.


„Wir gehen mit der AfD nicht aufs Podium“

Sollte der SWR den AfD-Landesvorsitzenden Jörg Meuthen einladen, werden Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und sein Stellvertreter Nils Schmid (SPD) an dieser Runde nicht teilnehmen. „Wir gehen mit der AfD nicht aufs Podium“, zitiert die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ den SPD-Landesvorsitzenden Nils Schmid, „denn es handelt sich um eine Partei, die Meinungsfreiheit und Demokratie verachtet und die unser System ablehnt.“ Eine Diskussion mit AfD-Vertretern bringe wenig, das könne man an Äußerungen eines AfD-Kandidaten sehen, der nach den sexuellen Übergriffen in Köln von der größten Massenvergewaltigung seit 1945 gesprochen habe.

Laut FAZ hat Schmid in einem Rundschreiben alle Kandidaten und Wahlkampfleiter aufgefordert, die AfD strikt auszugrenzen. „Nils Schmid und die SPD Baden-Württemberg werden ebenso wie die Grünen an keiner Diskussionsrunde mit Vertretern der AfD teilnehmen. Wir bitten euch, dieses auch vor Ort so zu handhaben.“

Die Grünen plädieren ebenfalls für eine Ausgrenzung der AfD. „Wir empfehlen, unseren Kandidaten und Kandidatinnen, sehr genau zu prüfen, mit wem sie diskutieren, und raten von Debatten mit der AfD ab“, sagte die Grünen-Landesvorsitzende Thekla Walker.

Der CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf hat dagegen keine Berührungsängste mit der AfD. Zwar fände es auch er besser, wenn an der Elefantenrunde nur die im Landtag vertretenen Parteien teilnehmen würden. „Aber wenn der Sender jetzt auch die AfD einladen will, dann werde ich nicht absagen, sondern auf die Kraft der besseren Argumente setzen“, sagte Wolf der FAZ. Die Sendung sei zudem eine gute Plattform, um deutlich zu machen, dass die AfD nur Ängste schüre und keine Antworten liefere.
Am offensivsten positionieren sich die Liberalen zur AfD: „Wir ermuntern unsere Kandidaten, sich vor Ort argumentativ mit den AfD-Bewerbern auseinanderzusetzen“, sagt ein Parteisprecher laut einem Bericht des Berliner „Tagesspiegels“.


SWR verweist auf Staatsvertrag

Der SWR argumentiert derweil, dass eine Einladung an die AfD sich aus rechtlichen Gründen womöglich nicht umgehen lasse – und verweist auf die Vorgaben des Staatsvertrags. Dort heißt es, dass der zweitgrößte ARD-Sender zu Objektivität und Überparteilichkeit verpflichtet sei. Bei der Besetzung der Runde sollten daher neben der Verankerung in der Parteienlandschaft und dem Abschneiden bei vorangegangenen Wahlen auf EU-, Bundes- und Landesebene auch aktuelle Umfrageergebnisse berücksichtigt werden.

Am heutigen Donnerstag will der SWR neue Umfragezahlen präsentieren – und wohl auch seine Entscheidung zur Besetzung der Elefantenrunde.

Dessen ungeachtet zeigte sich der CDU-Mann Bilger offen für öffentliche Diskussionsrunden mit der AfD. „Den Boykott von Podiumsdiskussionen mit AfD-Vertretern halte ich für falsch. Das wirkt doch nur so als würde man die politische Auseinandersetzung scheuen“, sagte der CDU-Politiker. „Zwar weisen wir Veranstalter von Podiumsdiskussionen darauf hin, dass es ratsam wäre nur die im Landtag vertretenen Parteien einzuladen“, fügte Bilger hinzu. „Wenn der Veranstalter dann aber doch einen Vertreter der AfD oder der Linken einlädt, ist das seine Entscheidung und kein Grund für einen Boykott.“

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