AfD in Schleswig-Holstein Inkompetent und gefährlich – für SPD und Grüne

Die AfD in Schleswig-Holstein ist die einzige Partei im Norden, der die Bürger praktisch keine politische Kompetenz zutrauen. Dennoch könnte sie den Einzug schaffen. Die aktuelle Koalition hätte dann keine Mehrheit mehr.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Die Landesvorsitzenden der AfD Schleswig-Holstein, Spitzenkandidat Jörg Nobis (l.) und Bruno Hollnagel. Quelle: dpa

Berlin Kämpfen bis zur Schließung der Wahllokale: Für die Landtagswahl am Sonntag in Schleswig-Holstein rufen der SPD-Vorsitzende Martin Schulz, Ministerpräsident Torsten Albig und Landeschef Ralf Stegner zum Wahlkampfeinsatz bis zuletzt auf. Aus gutem Grund. Denn gelingt der AfD der Einzug ins Landesparlament, wäre eine Fortsetzung der rot-grün-blauen Koalition – der sogenannten Küstenkoalition mit Vertretern der dänischen Minderheit – wohl nicht möglich.

Für die Sozialdemokraten wäre das bitter, zumal die AfD in Schleswig-Holstein so schlecht dasteht wie in keinem anderen Bundesland. In Umfragen bewegt sie sich zwischen 5 und 6 Prozent und damit klar unter dem Bundestrend. Und dennoch könnte sie wie in der Konstellation David gegen Goliath der Volkspartei SPD das Leben schwer machen. Das Abschneiden der AfD, die sich zuletzt auf Bundesebene äußerst zerstritten zeigte, wird mit besonderer Spannung verfolgt. Bei Wahlen übertrifft sie häufig ihre Umfragewerte.

Ob das auch im Norden gelingt? Die Bedingungen scheinen dafür nicht besonders günstig. Der Spitzenkandidat Jörg Nobis müht sich zwar, nicht als Rechtsausleger wahrgenommen zu werden. Bei Parteiveranstaltungen tritt er betont seriös auf, im Anzug und mit Krawatte. Zugleich räumt er ein, kein begabter Redner, sondern eher ein Mann der Zahlen zu sein. So listet er im Wahlkampf gern auf, wie hoch die Ausgaben für Flüchtlinge und für die Polizei sind.

Doch die Wähler scheint das wenig zu beeindrucken. Das Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap hat im April im Auftrag des NDR eine große Umfrage durchgeführt, in der unter anderem die Parteikompetenzen abgefragt wurden. Die AfD kommt dabei auf desaströse Werte. Praktisch auf keinem Politikfeld werden der Partei Kompetenzen zugebilligt. Selbst bei ihren Kernthemen, der Asyl- und Flüchtlingspolitik sowie der Kriminalitätsbekämpfung, kann die AfD nicht punkten. Nur 3 Prozent der Befragten schätzen demnach die Kompetenz der Partei in diesen Bereichen besonders hoch ein.

Noch schlimmer: Beim Thema Schule und Bildung, das den Schleswig-Holsteinern laut der Umfrage am wichtigsten ist, halten gerade mal 1 Prozent der Befragten die AfD für kompetent. Genauso schlecht schneidet die Partei ab, wenn nach sozialer Gerechtigkeit, der Schaffung von Arbeitsplätzen, dem Voranbringen der Wirtschaft oder nach Haushalts-, Finanz-, Energie-, Familien- und Verkehrspolitik gefragt wird.

Erschwerend kommt hinzu, dass Spitzenkandidat Nobis kaum als solcher wahrgenommen wird. Auf die Frage nach der Zufriedenheit mit dem AfD-Politiker gaben 71 Prozent der Befragten an, ihn nicht zu kennen. Was vielen hingegen sofort auffällt, ist die Zerstrittenheit der Partei. Immerhin 81 Prozent der Befragten stimmten der Aussage zu: „Die AfD ist zu zerstritten, um ernsthaft Politik mitgestalten zu können.“


Wie sich Wahlkämpfe entscheiden

Der amtierenden rot-grünen Regierung von Ministerpräsident Albig könnte Nobis‘ Partei am Wahlabend womöglich aber trotzdem einen Strich durch die Rechnung machen. Denn sollten AfD und/oder die Linke ins Parlament kommen, wäre die bisherige Koalition höchstwahrscheinlich ohne Mehrheit. In Umfragen lag die Nord-SPD zuletzt sogar erstmals seit langem wieder hinter der CDU. Die bisherige Koalition steht demnach in jedem Fall auf der Kippe.

SPD-Chef und Kanzlerkandidat Martin Schulz will sich davon nicht verunsichern lassen. „Wahlkämpfe entscheiden sich auf den letzten Metern“, sagte Schulz bei einem Wahlkampfauftritt am Mittwoch in Neumünster. Ein Drittel der Wähler sei noch unentschieden, daher müsse die SPD die letzten Tage bis zur Schließung der Wahllokale am Sonntag um 18 Uhr kämpfen.

Auch Ministerpräsident Albig und SPD-Landeschef Stegner zeigten Zuversicht, dass die SPD am Sonntagabend vor der CDU liegen werde. Auch wenn die jüngste Umfrage zu einer anderen Vorhersage kommt. Stegner lobte Schulz, der „wie ein Blitz in unsere Partei gefahren ist“. Er unterstrich die drei Wahlziele der SPD: Stärkste Partei zu werden, die Koalition mit den Grünen und dem Südschleswigschem Wählerverband (SSW) fortzusetzen und die AfD aus dem Parlament fernzuhalten.

Verpasst die AfD tatsächlich den Einzug ins Parlament, dürfte das bis in die Bundespartei hineinwirken: Der Dauerzwist um den richtigen politischen Kurs, der zuletzt auf dem Kölner Bundesparteitag von Parteichefin Frauke Petry befeuert wurde, könnte dann erneut aufbrechen.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%