AfD-Neumitglied Fest „Staatsgefährdend oder einfach nur dämlich“

AfD-Neumitglied Nicolaus Fest hat mit drastischen Aussagen zum Islam heftige Kritik auf sich gezogen. Aus Sicht von SPD und FDP muss nun der Verfassungsschutz prüfen, ob eine Überwachung gerechtfertigt ist.

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Im Juli 2014 hatte AfD-Neumitglied Nicolaus Fest einen islamkritischen Kommentar verfasst, der der „Bild am Sonntag“ eine Rüge des deutschen Presserates einbrachte. Quelle: Reuters

Berlin Zuletzt hatte er mit einem islamkritischen Kommentar für Wirbel gesorgt, jetzt ist er Mitglied der Berliner AfD: Der Publizist und ehemalige Vize-Chefredakteur der „Bild am Sonntag“, Nicolaus Fest. Gleich bei seiner Vorstellung als neues Parteimitglied löste der Sohn des früheren „FAZ“-Herausgebers und Historikers Joachim Fest („Hitler - Eine Biographie“) große Empörung aus – indem er den Islam mit dem Nationalsozialismus verglich und eine Schließung aller Moscheen in Deutschland forderte.

„Die Aussagen von Herrn Fest zeigen einmal mehr, dass die AfD eine Partei von Rechtspopulisten und Rechtsextremisten ist, die außerhalb unseres demokratischen Konsenses agiert“, sagte der SPD-Bundesvize Ralf Stegner dem Handelsblatt. Die Personalie sei ein weiterer Beleg dafür, dass die Parteiführung der AfD Rassismus, Antisemitismus, Islam- und Ausländerfeindlichkeit in ihren Reihen dulde.

„Sie hat eine hohe politische Mitverantwortung für die Verrohung in unserer Gesellschaft, führt Hetzreden, die Gewalttäter geradezu animieren, paktiert mit Pegida und anderen Demokratiefeinden, diese Partei sollte deshalb längst vom Verfassungsschutz beobachtet werden“, so Stegner. Leider versagten jedoch die Konservativen in Deutschland „vollständig, wenn es um den Kampf gegen rechte Gefahren geht“.

Auch aus Sicht des Vize-Chefs der Bundes-FDP, Wolfgang Kubicki, ist die AfD ein Fall für den deutschen Inlandsgeheimdienst. Ob die AfD als Partei wegen der Äußerungen eines prominenten Neu-Mitgliedes vom Verfassungsschutz beobachtet werden müsse, entziehe sich zwar in einem Rechtsstaat der politischen Einflussnahme. Aber: „Es ist Aufgabe des Verfassungsschutzes, diese Äußerungen im Gesamtzusammenhang zu werten und anschließend autonom zu entscheiden, ob dies eine Überwachung rechtfertigt“, sagte Kubicki dem Handelsblatt. „Bei einer entsprechenden Prüfung kann der Verfassungsschutz auch zum Ergebnis kommen, dass solche Einlassungen nicht staatsgefährdend, sondern einfach nur dämlich sind.“

Fest hatte bei seiner offiziellen Vorstellung als neues AfD-Mitglied am Donnerstag in Berlin erklärt, er halte den Islam „weniger für eine Religion als eine totalitäre Bewegung“, die mit dem Nationalsozialismus vergleichbar und nicht mit dem deutschen Grundgesetz vereinbar sei. „Das öffentliche Ausüben (...) dieser Ideologie muss man verhindern“, fügte er hinzu.


„Solche Forderungen sind geistige Brandstifterei“

„Genauso wie ich Hakenkreuze oder andere Symbole der Nazis nicht im öffentlichen (...) Raum sehen will, möchte ich Symbole hier sehen, die für eine andere totalitäre Ideologie stehen.“ Dies bedeute auch, dass die Moscheen in Deutschland geschlossen werden müssten, sagte Fest auf Nachfrage von Journalisten.

Stegner sagte dazu: „Die Religionsfreiheit gehört zu den unveränderlichen Grundrechten unserer Verfassung.“ Ihre Ausübung orientiere sich selbstverständlich ebenfalls an den Grundsätzen des Grundgesetzes, so dass etwa salafistische Bestrebungen hierzulande ebenso verfolgt würden wie andere verfassungsfeindliche und illegale Aktivitäten.

Kubicki erklärte: „Es ist schon ein Treppenwitz, dass sich Nicolaus Fest als Verteidiger des Grundgesetzes aufspielen will, sich dabei aber einer Argumentation bedient, die mit unserer Verfassung nicht in Einklang zu bringen ist.“

Scharfe Kritik an Fest äußerte auch der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck. „Wer alle Moscheen schließen, will die Religionsfreiheit und somit das Grundgesetz außer Kraft setzen. Wenn die AfD an ihrem Neumitglied Fest festhält, zeigt sie, dass sie eine andere Republik will: sie will die Republik des Grundgesetzes überwinden“, sagte Beck dem Handelsblatt. Er warf Fest vor, Muslime zu „Rechtlosen“ zu machen. „In einer Zeit, in der Gotteshäuser beschmiert werden und Ziel von Brandanschlägen sind, sind solche Forderungen geistige Brandstifterei“, betonte der Grünen-Politiker.

Man dürfe und müsse gegen islamistische Hassprediger vorgehen, man könne sich auch kritisch mit islamischen Verbänden und ihren politischen Verbindungen auseinandersetzen, sagte Beck weiter. „Unzulässig in der Demokratie ist es, die Freiheitsrechte einer ganzen gesellschaftlichen Gruppe in Frage zu stellen.“ Beck versicherte Juden und Muslimen in Deutschland, sie seien beim Kampf gegen den Antisemitismus und die Islamfeindlichkeit der AfD nicht allein. „Wir werden ihre Grundrechte gegen die Feinde der Freiheit verteidigen.“

Im Juli 2014 hatte Fest einen islamkritischen Kommentar verfasst, der der „Bild am Sonntag“ eine Rüge des deutschen Presserates einbrachte. Darin hatte Fest den Islam unter anderem als Integrationshindernis bezeichnet. Zwei Monate später hatte er das Medienhaus Axel Springer („Bild“, „Die Welt“) verlassen - auf eigenen Wunsch, um als freier Journalist zu arbeiten, wie es damals hieß.

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