AfD will Journalisten-Daten Staatsrechtler wirft AfD Verfassungsbruch vor

Die AfD lässt Journalisten nur dann zu ihrem Bundesparteitag Anfang Dezember in Hannover, wenn sie vertrauliche Daten preisgeben. Ein klarer Verstoß gegen das Grundgesetz, sagt ein renommierter Verfassungsrechtler.

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Die AfD verlangt eine Einwilligungserklärung fürs Speichern von intimen Informationen von Journalisten, die Zugang zum Bundesparteitag wollen. Quelle: Reuters

Berlin Das Zulassungsverfahren der AfD für Journalisten, die über den Bundesparteitag Anfang Dezember in Hannover berichten wollen, verstößt nach Ansicht des Staatsrechtlers Joachim Wieland gegen das Grundgesetz. „Das Vorgehen der AfD ist verfassungswidrig“, sagte der Rektor der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer dem Handelsblatt.

Hintergrund ist, dass die AfD ein Auskunftsrecht über die politischen Ansichten der Journalisten einfordert. In der Einverständniserklärung für die Akkreditierung zum Parteitag im Dezember, über die die „Stuttgarter Zeitung“ am Freitag zuerst berichtete, heißt es: „Ich bin mit der Erhebung, Speicherung und Nutzung der vorstehenden personenbezogenen Daten sowie der besonderen Daten (§ 3 Abs. 9 BDSG, z.B. politische Meinungen) einverstanden.“ Gemeint ist der Paragraf drei des Bundesdatenschutzgesetzes. Dort heißt es, zu den „besonderen Daten“ zählten Angaben über die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben.

Wieland sagte dazu: „Die Wertordnung des Grundgesetzes, an die auch eine politische Partei gebunden ist, steht einer Speicherung derartiger Daten diametral entgegen. Das Grundgesetz gewährleistet die Freiheit von Journalisten, ihrer Arbeit ohne solche Einschränkungen ihrer Freiheit nachgehen zu dürfen.“

Wieland verwies auf Artikel 21 des Grundgesetzes. Danach wirke die AfD wie andere Parteien auch an der politischen Willensbildung des Volkes mit. Diese Mitwirkung erfolge „ganz wesentlich über die Medien“, deren Freiheit wiederum in Grundgesetzartikel fünf geschützt sei. Die AfD schränke die Freiheit der Medien aber „verfassungswidrig“ ein, betonte der Jurist. Sie verletze das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.

Die AfD verstoße überdies gegen das Diskriminierungsverbot des Grundgesetz-Artikel drei, „wenn sie den Zugang zur Berichterstattung über ihren Bundesparteitag von der Bereitschaft von Journalisten abhängig macht, Daten über ihre rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugen, ihre Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft, ihre Gesundheit oder ihr Sexualleben speichern zu lassen“.

Von der AfD gab es zu dem Vorgang zunächst keine Stellungnahme. Laut „Stuttgarter Zeitung“ überprüft der Berliner Datenschutzbeauftragte den Vorgang. Der Deutsche Journalistenverband mahnte die Partei den umstrittenen Passus zu streichen.

„Das ist eine unzulässige Einmischung in die Privatangelegenheiten von Journalisten“, sagte DJV-Sprecher Hendrik Zörner der Zeitung. Welche politische Meinung ein Journalist habe, spiele bei der Zulassung zur Berichterstattung keine Rolle und sei Privatsache. „Wir fordern die AfD auf, die Verpflichtung zum Einverständnis umgehend zu entfernen.“

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