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Allensbach-Studie Die Mehrheit sieht die Marktwirtschaft kritisch

Erstmals sehen auch die Westdeutschen mehrheitlich die Marktwirtschaft kritisch. Noch nie war die Zustimmung zum hiesigen Wirtschaftssystem so gering.

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Wie das Einkommen das Wahlverhalten bestimmt
Die Anhänger dieser Partei würde wahrscheinlich diese Wahlkabinen nicht betreten - es ist die Partei der Nichtwähler. 18,5 Prozent der Nichtwähler verdienen weniger als 1.000 Euro pro Monat. Auch in der Einkommensgruppen über 2.500 pro Monat finden sich immer noch 26 Prozent der Nichtwählerpartei.Quelle: Abteilung Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie der Universität Leipzig Quelle: REUTERS
Die Linkspartei kommt nicht richtig bei den Armen an. Lediglich 6,8 Prozent ihrer Wähler verdienen weniger als 1.000 Euro - 30,8 Prozent der Linke-Wähler stehen hingegen mehr als 2.500 Euro zur Verfügung. Quelle: dpa
Anders als die Vermutung nahe legt, befindet sich auch die SPD bei den Personen, die weniger als 1.000 Euro verdient, klar in der Minderheit. Nur 6,1 Prozent der SPD-Wähler kommen aus dieser Schicht, während bei den Personen mit einem Einkommen von mehr als 2.500 Euro bereits 31,3-Prozent der Wähler stammt. Quelle: AP
Die Piratenpartei hat eine breite Basis an Anhängern. Sie überholt alle etablierten Parteien im Spektrum der Personen, die weniger als 1.000 Euro verdienen: Sie finden hier 10,8 Prozent ihrer Wähler. Und bei den großen Einkommen über 2.500 Euro vereinen die Freibeuter gleich 31,8 Prozent ihrer Wählerschaft. Quelle: dpa
Untentschlossene Wähler stammen zu 32,9 Prozent aus der Einkommensgruppe über 2.500 Euro. Sie sind auch in der Gruppe unter 1.000 Euro mit 11,4 Prozent vertreten. Quelle: ZB
31,8 Prozent der Wähler, die ihr Stimme der CDU/CSU geben, verdienen mehr als 2.500 Prozent. In der Einkommensgruppe von unter 1.000 Euro sind lediglich nur 5,7 Prozent der Wähler. Quelle: dpa/dpaweb
Gut in den allen Einkommensgruppen vertreten: Die Rechtsparteien. 15,8 Prozent ihrer Wähler verdienen weniger als 1.000 Euro; 35 Prozent mehr als 2.500 Euro. Quelle: dapd

Über 60 Jahre sind sie schon zusammen, nun leidet die Beziehung immer heftiger: Die Deutschen entfremden sich von ihrer Marktwirtschaft, ermittelte das Institut für Demoskopie Allensbach. Die freie Wirtschaft führe automatisch zu sozialer Ungerechtigkeit, dieser Aussage stimmen mittlerweile 46 Prozent der Deutschen zu (siehe Grafik). Dass die Marktwirtschaft soziale Gerechtigkeit erst ermögliche, glauben dagegen nur 38 Prozent. Bemerkenswert: Während die Ostdeutschen schon immer eher skeptisch waren, bewertet nun erstmals auch im Westen die Mehrheit der Befragten die Marktwirtschaft negativ.

Unterschiedlich ist die Sicht auf Ursache und Wirkung: Während die Wessis mit knapper Mehrheit die Freiheit als Voraussetzung für Wohlstand sehen, ist es bei den Ossis genau umgekehrt. Die Umfrageergebnisse fließen in den Freiheitsindex ein, den das Heidelberger John Stuart Mill Institut in dieser Woche präsentiert. „Klarer Favorit ist der ,betreuende‘ und ,kümmernde‘ Staat, der im Unterschied zum ,liberalen‘ Staat als gerechter, wohlhabender, menschlicher und lebenswürdiger angesehen wird“, resümiert Ulrike Ackermann, Direktorin des Instituts.

Die wachsende Ablehnung registriert auch der Freiburger Volkswirtschaftsprofessor Lars Feld, Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und Direktor des Walter Eucken-Instituts. „Insgesamt hat sich der Wind in Deutschland gedreht: Weg von der Idee der Marktwirtschaft und dem Leistungsdenken, hin zu mehr Umverteilung und sozialer Gerechtigkeit.“ Die Politik habe bereits reagiert. „Überall lässt sich beobachten, dass der Staat seinen Einfluss ausdehnt und eine größere Rolle übernimmt. Er fängt wieder an, Unternehmen zu kaufen, wie Stromversorger, Wasserwerke oder EADS.“

Grafik Umfrage unter Bundesbürgern zu Marktwirtschaft und sozialer Gerechtigkeit

Und der Trend könne sich noch verstärken, weil die Politik Umfragen ernst nehme. „Durch solche Ergebnisse haben es alle Reformen in Richtung auf mehr Marktwirtschaft künftig noch schwerer. Denn Politiker möchten ja wieder gewählt werden.“

Keine Debatten aufkommen lassen möchte dagegen Karl-Ludwig Kley, Chef des Darmstädter Pharmakonzerns Merck und Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI). „Die soziale Marktwirtschaft ist das einzige Wirtschaftssystem, das Freiheit und Verantwortung überzeugend miteinander verbindet.“ Sie sei die Grundlage von Wohlstand und Demokratie in Deutschland. „Ich jedenfalls wünsche mir weder die Planwirtschaft der DDR noch den Frühkapitalismus des 19. Jahrhunderts zurück.“

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