Altersarmut Gewerkschaften fordern Wende bei Rentenpolitik

Wie stark bleibt die gesetzliche Rente in den kommenden Jahrzehnten? Die Gewerkschaften warnen: Vielen reicht sie dann bei weitem nicht mehr für ihren Lebensstandard. Sie fordern eine Renten-Wende von der Politik.

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Mit zahlreichen Veranstaltungen wollen der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften die Politik bis zur Bundestagswahl zu Reformen drängen. Quelle: dpa

Berlin Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert die Politik zur Bundestagswahl zu einer Neuausrichtung für höhere Renten in Zukunft aus. „Unsere zentrale Forderung für den Kurswechsel in der Rentenpolitik ist eine Stabilisierung des gesetzlichen Rentenniveaus“, sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann zum Start einer groß angelegten Kampagne am Dienstag in Berlin.

Langfristig müsse das Sicherungsniveau der Rente sogar wieder erhöht werden. „Denn wenn wir nichts ändern, werden 2040 oder 2050 Millionen der heute noch jungen Menschen von sozialem Abstieg oder gar Altersarmut betroffen sein.“

Dafür müsse der Beitragssatz „maßvoll“ und „in kleinen Schritten“ von heute 18,7 auf 22 Prozent angehoben werden. Alle versicherungsfremden Leistungen müssten voll aus Steuermitteln erstattet werden, allen voran die rund sieben Milliarden Euro jährlich für die Mütterrente.

Der DGB rechnet vor: Ohne Umsteuern würde ein Beschäftigter des Jahrgangs 1963 mit einem Einkommen von 2500 Euro brutto 2030 nur eine Rente von 800 Euro bekommen. „Das würde bei Weitem nicht reichen, um seinen bisherigen Lebensstandard zu halten.“ Private Vorsorge könne die Lücke nicht schließen.

Mit zahlreichen Veranstaltungen wollen der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften die Politik bis zur Bundestagswahl zu Reformen drängen. „Die Talfahrt des gesetzlichen Rentenniveaus muss gestoppt werden“, forderte der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, auf einer Alterssicherungskonferenz.

„Die drohende Altersarmut ist eine tickende soziale Zeitbombe.“ Die IG Metall war bereits im Juli mit einem Konzept für ein höheres Rentenniveau, höhere Beiträge sowie Betriebsrenten für alle Arbeitnehmer vorgeprescht.

Die Arbeitgeber warnten vor einer Abkehr der Rentendämpfungsgesetze etwa der Agenda 2010. „An den richtigen rentenpolitischen Grundsatzentscheidungen zum Rentenniveau, zum Beitragssatz und zur Altersgrenze müsse mit Blick auf die Generationengerechtigkeit festgehalten werden“, sagte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer. „Die Gewerkschaften schüren unnötig Ängste.“ Die Linke und die SPD äußerten sich positiv zur DGB-Kampagne.

Unterdessen wurde bekannt, dass die Bundesregierung ein Jahr vor der Bundestagswahl noch keinen festen Fahrplan für die angekündigte Aufwertung kleiner Renten hat. „Gegenwärtig gibt es noch keine Festlegung zum Zeitplan der Umsetzung einer „solidarischen Lebensleistungsrente““, teilte das Bundessozialministerium nach einem Bericht der „Rheinischen Post“ in einer Antwort auf eine Grünen-Anfrage mit. Die Grünen verbreiteten die Antwort in Berlin. Mit der Lebensleistungsrente sollen die Bezüge von Menschen mit besonders kleinen Renten aufgebessert werden.

An den Plänen gibt es viel Kritik, weil sie nach Angaben von Experten nicht zielgenau gegen Altersarmut wirken. Der Grünen-Rentenexperte Markus Kurth sagte: „Die Bekämpfung von Altersarmut wird in dieser Wahlperiode nicht mehr stattfinden.“

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