Andrea Nahles Gesprächsstoff für die Koalition: Grundrente und Hartz-IV-Sanktionen

Andrea Nahles, Bundesvorsitzende der SPD, spricht nach einer Klausurtagung der Spitze und des Vorstandes der SPD im Willy-Brandt-Haus Quelle: dpa

Laut Parteichefin Andrea Nahles sucht die SPD nicht den Koalitionsausstieg. Die auf der Klausurtagung skizzierten Reformen der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik würden aber für Gesprächsstoff mit der Union sorgen.

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Die SPD bereitet nach den Worten von Parteichefin Andrea Nahles mit ihren Reformvorschlägen für den Sozialstaat und eine Abkehr von Hartz IV nicht den Ausstieg aus der Koalition mit der Union vor. „Ich wüsste nicht, was die Beschlüsse dieses Wochenendes mit der Frage Verbleib oder Nicht-Verbleib in der Koalition zu tun hätten“, sagte Nahles am Montag zum Abschluss einer Parteiklausur. „Es war Null-Thema.“ Die von Arbeitsminister Hubertus Heil vorgeschlagene Grundrente werde in den nächsten Monaten aber für „Gesprächsstoff“ mit der Union sorgen. Der Parteivorstand stellte sich einhellig hinter Heils Konzept, das weit über den Koalitionsvertrag hinaus geht und in der Union auf Ablehnung gestoßen war.

Die Grundrente werde sicher beim Koalitionsausschuss der Spitzen von Union und SPD am Mittwochabend kurz ein Thema sein, sagte Nahles. Zunächst müsse Heil ein detailliertes Konzept ausarbeiten, das dann bewertet werde. In der SPD-Spitze wird keine Notwendigkeit gesehen für eine Befassung der Koalitionsspitzen mit dem Thema. Heil werde einen Gesetzentwurf ausarbeiten lassen und diesen dann in die Abstimmung in der Bundesregierung geben. Wenn es dann einen Konflikt mit der Union gebe, könnten die Spitzen darüber sprechen. Nahles verwies darauf, dass die Grundrente im Koalitionsvertrag vereinbart sei.

Die Finanzierung ist allerdings bisher unklar. Möglich sind mittelfristig eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes und die Wiedereinführung einer Vermögensteuer. „Erstmal haben wir momentan Steuereinnahmen, die sind da“, sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil im ZDF. Für den Erhalt des Sozialstaates müsse man „auch Superreiche zur Verantwortung ziehen“. Und: „Die Vermögensteuer ist ein Punkt, über den wir als SPD nachdenken.“ Er beobachte, dass „die Kluft in diesem Land zwischen Arm und Reich“ auseinandergehe.

Nur Teile des Pakets mit der Koalition

Zugleich betonte Nahles, dass man versuchen wolle, einiges von dem Konzept auch mit der Union umzusetzen. So stehe ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger an - je nach Ausgang könnte eine Reform mit weniger Sanktionen dann Thema für die Koalition werden. „Das ist erstmal eine Positionierung und klare Aufstellung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands“, sagte Nahles. „Ich gehe nicht davon aus, dass wir das ganze Paket noch in dieser Legislaturperiode umsetzen können.“

Bei ihrer Klausur hatte die SPD Reformen der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik beschlossen, die bei der Union teils auf entschiedene Ablehnung stießen. So soll das Arbeitslosengeld I länger gezahlt werden. Aus Hartz IV soll ein Bürgergeld mit weniger Sanktionen und einer zweijährigen Schonzeit bei der Anrechnung eigenen Vermögens werden. Teile wie etwa eine Lockerung der Hartz-IV-Sanktionen will Nahles noch in dieser Wahlperiode angehen.

Zur Mitte der Wahlperiode will Nahles mit CDU und CSU eine Einschätzung vornehmen, ob der Koalitionsvertrag umgesetzt wurde und ob neue Vorhaben aufgenommen werden sollen. „Wir werden diese Bewertung zusammen machen, wir werden auch den Zeitplan mit der Union absprechen“, kündigte Nahles an. Es sollten dann alle die Regierung tragenden Parteien gemeinsam entscheiden.

Union und FDP kritisierten die SPD-Beschlüsse. Mir ihren sozialpolitischen Vorschlägen sei die SPD „auf dem Weg in die Vergangenheit und nicht in die Zukunft“, erklärte der CDU-Arbeitsmarktexperte Peter Weiß. FDP-Chef Christian Lindner sagte: „Die SPD sucht ihr Heil in alten sozialistischen Positionen, die weder finanzierbar sind noch das Problem der Altersarmut bekämpfen.“

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