Angela Merkel "Ich bin auch verantwortlich"

Bundeskanzlerin Angela Merkel will auch nach der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern an ihrer Flüchtlingspolitik festhalten, aber verstärkt um verlorengegangenes Vertrauen der Menschen kämpfen.

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Angela Merkel: Ich bin verantwortlich. Quelle: dpa

CDU-Chefin Angela Merkel hat die Verantwortung für die Niederlage ihrer Partei bei der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern übernommen, aber ihre Flüchtlingspolitik vehement verteidigt. „Ich bin Parteivorsitzende, ich bin Bundeskanzlerin. Und in den Augen der Menschen kann man das nicht trennen. Und deshalb bin ich natürlich auch verantwortlich“, sagte die Kanzlerin am Montag am Rande des G20-Gipfels im chinesischen Hangzhou.

„Natürlich hat das was mit der Flüchtlingspolitik zu tun“, sagte Merkel weiter, betonte aber zugleich: „Ich halte dennoch die Entscheidungen, so wie sie getroffen wurden, für richtig.“ Die Regierung habe entsprechend ihrer Verantwortung gehandelt. Nun müssten alle darüber nachdenken, „wie können wir jetzt das Vertrauen wieder zurückgewinnen und vorneweg natürlich ich“.

Auf die Frage, ob der Ausgang der Wahl im Nordosten Einfluss auf ihre erwartete weitere Kanzlerkandidatur habe, wiederholte die Kanzlerin, sie werde diese Entscheidung zum gegebenen Zeitpunkt treffen.

Der Auftritt Merkels zum Abschluss des G20-Gipfels im chinesischen Hangzhou wurde als Zeichen dafür gewertet, wie wichtig ihr eine Stellungnahme zum Erstarken der AfD war. Es ist unüblich, dass sich die Kanzlerin auf Auslandsreisen zur Innenpolitik äußert.

„Wir müssen jetzt zur Kenntnis nehmen, dass viele Menschen im Augenblick nicht das ausreichende Vertrauen in die Lösungskompetenz für diese Themen haben, obwohl wir schon sehr viel geschafft haben“, sagte die Kanzlerin weiter. Gerade im Hinblick auf die Reduzierung der Zahl der ankommenden Flüchtlinge, die Integration sowie die Unterstützung der Kommunen und Bundesländer habe man schon viel geschafft. Nun müsse die Bundesregierung zeigen, „dass wir die Probleme lösen“. Dies gelte nicht nur für die Flüchtlingspolitik, sondern etwa auch für die wirtschaftliche Entwicklung und den sozialen Zusammenhalt.

Die Reaktionen zur Landtagswahl
Die Anhänger der AfD in Schwerin haben etwas zu jubeln. Ihre Partei holte bei den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern - ersten Hochrechnungen zufolge - aus dem Stand 21,5 Prozent der Stimmen. Quelle: dpa
Freude gab es auch bei den Anhängern der SPD. Sie wurde erneut stärkste Kraft und kann auch in Zukunft den Ministerpräsidenten stellen. Aber auch die Sozialdemokraten haben deutlich verloren. Quelle: dpa
Der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern und Wahlgewinner, Erwin Sellering, hat sich nicht auf eine Fortsetzung der Koalition mit der CDU festgelegt. Er habe keine Präferenz für eine Koalitionsoption, sagte der SPD-Politiker nach der Landtagswahl am Sonntag. "Wir werden mit allen reden." Es gebe neben der CDU auch eine zweite Möglichkeit. Nach den ersten Hochrechnungen könnte die SPD auch mit Linken und Grünen eine Regierung bilden. Quelle: dpa
Lange Gesichter hingegen gab es bei der CDU. Sie lag mit unter 20 Prozent sogar noch hinter der AfD. Quelle: dpa
Der CDU-Spitzenkandidat, Lorenz Caffier, hat der Parteispitze in Berlin eine Mitschuld an der Wahlniederlage gegeben. Die Verunsicherung der Menschen über das Thema Flüchtlinge habe man in Berlin nicht genügend wahrgenommen, sagte Landesinnenminister Caffier am Sonntagabend. Man könne zudem aus dem Ergebnis lernen, dass man kurz vor der Wahl nicht über Katastrophenschutzpläne diskutieren sollte. Diese Kritik richtet sich an Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Dieser hatte vor eineinhalb Wochen ein Konzept für den Fall eines Terror- oder Cyberangriffs vorgelegt. Die Kritik, er schüre damit nach den jüngsten Anschlägen Verunsicherung, hatte de Maizière zurückgewiesen. Quelle: dpa
Das Ergebnis der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern ist nach Ansicht des CDU-Politikers Michael Grosse-Brömer ein Denkzettel für die große Koalition. "Dies ist kein schöner Wahlabend für uns", sagte der parlamentarische Geschäftführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. "Die große Koalition sollte ein stückweit auch abgestraft werden", sagte er mit Hinweis auf die Verluste sowohl von CDU als auch SPD. Offenbar müsse die Bundesregierung gerade die Flüchtlingspolitik besser erklären und den Menschen klarmachen, dass viele Sorgen vor Ort unnötig seien. Eine Politikänderung gegenüber der AfD halte er nicht für notwendig. 75 Prozent der AfD-Wähler wollten gar keine Lösungen. Das seien Proteststimmen. Quelle: dpa
CDU-Generalsekretär Peter Tauber führt die schwere Schlappe seiner Partei bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern auf weit verbreiteten „Unmut und Protest“ in der Bevölkerung zurück. Dies habe offensichtlich zu großen Teilen „mit der Diskussion über die Flüchtlinge“ zu tun, sagte er am Sonntagabend in Berlin. „Dieses Ergebnis und das starke Abschneiden der AfD ist bitter“, sagte Tauber. Quelle: dpa

In der Telefonkonferenz mit dem CDU-Vorstand habe man keine vertiefte Diskussion über die Konsequenzen aus dem Wahlausgang führen können. „Wir werden das sicherlich nachholen.“ Merkel sagte, sie sei „sehr unzufrieden“ mit dem Ausgang der Wahl. Die Landes-CDU habe von Erfolgen etwa in der Wirtschaftspolitik nicht profitieren können, da es im Wahlkampf fast ausschließlich um bundespolitische Themen gegangen sei, die alles überlagert hätten.

Zuvor hatte CDU-Generalsekretär Peter Tauber um Geduld bei der Umsetzung der Flüchtlingspolitik Merkels geworben. „Es braucht Zeit, bis all diese Maßnahmen wirken. Und es braucht Zeit, bis verlorenes Vertrauen zurückkehrt.“ Das AfD-Ergebnis sei eine Herausforderung für alle Parteien. „Wir müssen klug mit dieser Herausforderung umgehen und nicht von oben herab erklären.“ Es sei falsch, wenn SPD-Chef Sigmar Gabriel den Eindruck erwecke, „dass wir auch in der großen Koalition in Berlin zu wenig für die Menschen in unserem Land getan haben“. Es werde nicht gelingen, „auch nur einen Wähler von der AfD zurückzuholen, wenn wir unser Land schlecht reden“.

Die CDU musste am Sonntag in der politischen Heimat von Merkel erstmals in einem Bundesland die rechtspopulistische AfD an sich vorbeiziehen lassen. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis siegte die SPD und kann künftig wieder den Ministerpräsidenten stellen. Zweitstärkste Kraft wurde die AfD mit 20,8 Prozent, die CDU kam auf 19 Prozent.

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