Angela Merkel im Bundestag Die Welten-Retterin

Mit dem Haushalt hält sich Angela Merkel in der Generaldebatte nur kurz auf. Die Kanzlerin sorgt sich um Größeres: Die globale Stabilität und die Werte des Westens. Ein Kommentar.

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„Offenheit wird uns mehr Sicherheit bringen als Abschottung“, sagte Angela Merkel. Quelle: AFP

Berlin Als Angela Merkel am Montagabend ihre vierte Kanzlerkandidatur verkündete, verwahrte sie sich gegen überzogene Erwartungen. Die Darstellung, sie sei die letzte Vertreterin der freien, liberalen westlichen Welt, sei doch „grotesk und absurd“, sagte die Kanzlerin. Bei der Generaldebatte zum Haushalt 2017 im Bundestag allerdings präsentierte sich Merkel ganz in dieser Rolle. Mit den Budgetzahlen hielt sie sich nicht lange auf. Der Kanzlerin holte zum Rundumschlag aus.

Die Verteidigung der liberalen Werte, das war ihr roter Faden. Ihre Rede begann sie mit einem Zitat des peruanischen Schriftstellers Mario Varga Llosa, der Liberalität definierte: „Die Bereitschaft, mit denen zusammenzuleben, die anders sind, war vielleicht der außergewöhnlichste Schritt auf dem Weg des Menschen zur Zivilisation.“ Diese Aussage habe sie „berührt“, gestand die Kanzlerin.

Merkel sieht diese liberale Bereitschaft bedroht, weltweit aber auch in Deutschland. „Populismus und politische Extreme nehmen in den westlichen Ländern zu“, warnte die Kanzlerin. In ihrer Rede ging es von einem Krisenherd zum nächsten. Sie sprach von „alarmierenden Ereignissen in der Türkei“ mit der „Verhaftung von tausenden und abertausenden von Menschen“. Sie geißelte den anhaltenden Krieg in Syrien. Es gebe Indizien, dass Krankenhäuser gezielt bombardiert würden. „Es ist sehr bedauerlich, dass Russland dieses Regime unterstützt.“ Und all diese Probleme treffen den Westen in einer Zeit eigener Umbrüche. Die Wahl von Trump in den USA oder den Austritt Großbritanniens aus der EU. Viele Menschen machten sich dieser Tage „Sorge um die Stabilität.“

Die Frage sei nun, wie man auf diese Probleme reagiere. Ziehe man sich zurück und schotte sich ab, oder aber versuche man die eigenen Werte in die Welt zu tragen? Merkel plädiert für das Zweite. Und damit ist sie dann doch dicht bei der Aufgabe, die ihr vergangene Woche US-Präsident Barack Obama schon indirekt zudachte: die Verteidigerin des freien Westens.

Deutschland mit der Errungenschaft der sozialen Marktwirtschaft könne dafür eintreten, die Globalisierung zu gestalten. Das gelte auch für die Umbrüche, die auf die deutsche Wirtschaft zukämen durch die Digitalisierung. Merkels Bestandsaufnahme fällt nach mehr als einem Jahrzehnt Kanzlerschaft natürlich gut aus. „Den Menschen in Deutschland ging es noch nie so gut wie im Augenblick“, sagte sie. Die Arbeitslosigkeit sinkt, die Löhne und Renten steigen. Doch wie lange setzt sich diese Entwicklung noch fort?

Durch die Digitalisierung käme vieles auf den Prüfstand, man habe aber die Chance, die Spitzenposition zu verteidigen. Voraussetzung ist aus Merkels Sicht aber die richtige Herangehensweise. Ihre Botschaft lautet: Man muss der Globalisierung und dem Wandel offen begegnen. „Offenheit wird uns mehr Sicherheit bringen als Abschottung“, sagte Merkel. Es klingt wie das Gegenteil von Donald Trump.

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