Wo aber sind die jetzt? Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann distanzierte sich unmittelbar vor Merkels Regierungserklärung vom Kurs der Kanzlerin – und kündigte noch mehr Grenzkontrollen entlang seiner südlichen Grenze an. Zwar sei das Verhältnis zu Deutschland "nicht zerbrochen", sagte Faymann. "Aber eine Regierung muss mit Blick auf die Realität Beschlüsse fassen, die sie im eigenen Land zu verantworten hat."
Frankreich, Deutschlands natürlicher Partner in Europa, ist mit sich selbst beschäftigt und wirkt wie gelähmt vor den Populisten von der Rechten. Premier Manuel Valls verkündete bei der Münchner Sicherheitskonferenz, mehr Flüchtlinge werde sein Land bestimmt nicht aufnehmen, EU-Flüchtlingskontingente hin oder her.
So viel Geld bekommen Flüchtlinge in den europäischen Ländern
800 Euro zahlt das Land im Monat pro Flüchtling. Die Summe muss allerdings versteuert werden.
Quelle: EU-Kommission / Frontex, Stand: 18. September 2015
Die Spanne, die der Inselstaat für einen Asylbewerber zahlt, liegt zwischen 85 und 452 Euro pro Monat.
400 Euro pro Flüchtling / Monat.
352 Euro pro Flüchtling / Monat.
330,30 Euro pro Flüchtling / Monat.
zwischen 85 und 290 Euro pro Flüchtling / Monat.
zwischen 176 und 276 Euro pro Flüchtling / Monat.
232 Euro pro Flüchtling / Monat.
225 Euro pro Flüchtling / Monat.
187 Euro pro Flüchtling / Monat.
177 Euro pro Flüchtling / Monat.
66 Euro pro Flüchtling / Monat.
33,23 Euro pro Flüchtling / Monat.
20 Euro pro Flüchtling / Monat.
18 Euro pro Flüchtling / Monat.
12 Euro pro Flüchtling / Monat.
0 Euro pro Flüchtling / Monat.
Auch die Briten scheinen sich abgewendet zu haben, sie sind in vielerlei Hinsicht auf dem Weg nach draußen. Wenn Merkel bei ihrer Regierungserklärung gleich in den ersten Sätzen darauf hinweist, wie viele Gemeinsamkeiten Deutschland und Großbritannien verbänden, wirkt dies eher seltsam als überzeugend.
Um Merkel wird es einsam
Noch schmerzhafter muss die Ablehnung aus Osteuropa wirken. Die Länder dort galten vielen in Berlin, auch Merkel selbst, lange als europäische Erfolgsgeschichte. Aber die Regierungen – und vielleicht auch Völker – dort haben daraus offenbar nicht den Schluss gezogen, nun Solidarität üben zu müssen. Immer deutlicher tritt in Europa eine Kluft nicht mehr nur zwischen Nord und Süd zutage, sondern auch zwischen Ost und West.
Es wirkt derzeit, als habe die kulturelle EU-Osterweiterung in den vergangenen Jahren mit der politischen und wirtschaftlichen nicht Schritt halten können.
All dies spielt sich vor einem globalen Machtvakuum ab, wie es gerade bei der Münchner Sicherheitskonferenz zu beobachten war. Dort kamen die Amerikaner in den Debatten über Syrien oder den Nahen Osten nur noch am Rande vor, ein beinahe unerhörter Akt in der modernen Geschichte. Der amtierende Präsident hat die amerikanische Zurückhaltung so übertrieben, dass er auch die Flüchtlingskrise als „europäisches Problem“ verharmlosen durfte. Und einer der „Hoffnungsträger“ bei den Republikanern – lange die Partei der US-Außenpolitiker – kann offen erklären, Angela Merkel sei wohl verrückt geworden und ruiniere mit ihrer Politik der offenen Grenzen Deutschland und Europa.
All diese Verwirrungen ergeben noch kein schlüssiges Bild dieser Zeit. Aber sie ergeben ein schlüssiges Bild: Angela Merkel, Ende vorigen Jahres vom Magazin "Time" noch zur Weltkanzlerin gekürt, ist in der Welt gerade verdammt einsam.