Angela Merkel So wird die Kanzlerin gewählt

Der Bundestag wählt am Mittwoch, ob Angela Merkel Kanzlerin bleibt – für viele reine Formsache. Das Verfahren hat jedoch seine Tücken.

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Die Kanzlerin steht kurz vor ihrer vierten Amtszeit. Dass sie von den Abgeordneten gewählt wird, gilt als sicher. Quelle: dpa

Berlin Für die Bundestagsabgeordneten steht am Mittwoch, neun Uhr, ein wichtiger Termin an: Die Wahl der Bundeskanzlerin. Dann entscheidet sich, ob Angela Merkel offiziell ihre vierte Amtszeit antreten darf.

Für viele ist Merkels Wahl zur Kanzlerin eine sichere Sache: Denn im Bundestag sitzen zur Zeit 709 Abgeordnete – so viele wie nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik. Dabei entfallen 399 Sitze allein auf Union und SPD. Für die Kanzlermehrheit sind 355 Stimmen nötig.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer, rechnet damit, dass seine Parteivorsitzende Angela Merkel am Mittwoch mit deutlicher Mehrheit zum vierten Mal zur Kanzlerin gewählt wird:„ Ich halte es für möglich, dass Merkel mehr als die 399 Stimmen bekommt, über die Union und SPD verfügen“, sagt er.

Und so funktioniert die Wahl: Der Bundestag wählt den Bundeskanzler gemäß Artikel 63 des Grundgesetzes ohne Aussprache – also ohne vorherige Debatte im Bundestag. Die Abgeordneten dürfen – genau wie Wähler bei der Bundestagswahl – im Geheimen in den dafür vorgesehenen Wahlkabinen ihr Kreuzchen setzen.

Wer als Kanzler vorgeschlagen wird, bestimmt der Bundespräsident. Denn obwohl der Bundeskanzler der mächtigste politische Amtsträger in Deutschland ist, steht er in der protokollarischen Rangfolge hinter dem Bundespräsidenten als Staatsoberhaupt.

Kanzlerwahl im ersten Wahlgang ist die Regel

Dem Bundespräsidenten steht es frei, welchen Kandidaten er vorschlägt – zumindest rein rechtlich. Bundeskanzler kann jeder werden, der mindestens 18 Jahre alt ist und ein deutsche Staatsbürgerschaft besitzt. In der Praxis schlug der Bundespräsident jedoch stets einen Kandidaten der koalierenden Fraktionen vor, meistens jenen der stärksten Partei. Und die ist dieses Mal die CDU mit Angela Merkel an der Spitze.

Zu einer erfolgreichen Wahl benötigt der Kandidat in der ersten Wahlphase die absolute Mehrheit der Abgeordnetenstimmen. Das bedeutet: Mindestens die Hälfte plus eine Stimme sind für die Kanzlermehrheit erforderlich. Bisher ist der Bundestag immer dem Vorschlag der Bundespräsidenten gefolgt, hat den Kanzler oder die Kanzlerin also bereits im ersten Wahlgang gewählt.

Erzielt Merkel am Mittwoch die absolute Mehrheit, so ist der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gesetzlich dazu verpflichtet, die von ihm vorgeschlagene Angela Merkel zur Kanzlerin ernennen.

Sollte die erste Wahlphase trotz der deutlichen Übergewichts der koalierenden CDU und SPD im Bundestag scheitern, hat der Bundestag in einer zweiten Phase zwei weitere Wochen Zeit, einen Bundeskanzler zu wählen. Ein Vorschlag des Bundespräsidenten ist ab dem zweiten Wahlgang nicht mehr erforderlich.

Innerhalb dieser 14 Tage können dann beliebig viele Wahlgänge stattfinden. Auch hier ist die Wahl nur erfolgreich, wenn ein Kandidat es schafft, die absolute Mehrheit der Stimmen auf sich zu vereinen.

Beim dritten Wahlgang reicht die einfache Mehrheit

Wenn auch während der zweiten Wahlphase kein Kandidat mit absoluter Mehrheit gewählt wurde, so findet unverzüglich ein neuer Wahlgang statt. In diese dritte Wahlphase kann die Kanzlerwahl mit einer einfachen Mehrheit erfolgen.

Hier spielt der Bundespräsident erneut eine wichtige Rolle: Falls der Kandidat wider Erwarten mit der absoluten statt mit der einfachen Mehrheit gewählt wird, muss der Bundespräsident ihn zum Kanzler ernennen.

Bei einem Wahlausgang mit einfacher Mehrheit kann der Bundespräsident nach dem Grundgesetz frei entscheiden, ob er den Gewählten zum Kanzler ernennt. Sollte er einen Kandidaten zum Kanzler ernennen, der keine mehrheitliche Unterstützung im Bundestag hat, ebnet er den Weg für ein Minderheitsregierung.

Lehnt das Staatsoberhaupt die Wahl jedoch ab, kann er dadurch den Bundestag aufzulösen und somit vorgezogene Neuwahlen anordnen.

Gerade in CDU-Kreisen stellt sich scheinbar niemand auf solche Szenarien ein. Bei den letzten drei Bundeskanzlerwahlen, bei denen jeweils immer Angela Merkel zu Wahl stand, wurde sie mit 64 (2005), 52 (2009) und 73(2013) Prozent der Stimmen zur Kanzlerin gewählt.

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