Anschlag in Berlin Der Täter im Fokus

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Der Westen ist schlecht

Erstens eine egozentrische Ebene, die dadurch gekennzeichnet ist, dass Menschen das eigene Weltbild als das einzig wahre ansehen und alles, was zu diesem Weltbild nicht passt, schlecht ist.

Zweitens eine ethnozentrische Ebene, die dadurch gekennzeichnet ist, dass Menschen zwar zur Kenntnis nehmen, dass es neben dem eigenen Weltbild auch ein anderes gibt, das nicht mit dem eigenen übereinstimmt, aber noch nicht kritisch-konstruktiv als solches durchleuchten.

Und drittens eine weltzentrische Sicht, die dadurch gekennzeichnet ist, dass Menschen die Existenz vieler Weltbilder erkennen und auch, dass keines per se besser ist als das andere, sondern den Austausch, die Kommunikation, die Diskussion und den Diskurs über diese Weltbilder suchen.

Täter zeigen sich vor diesem Hintergrund häufig auf einer egozentrischen Ebene verhaftet: Alles, was nicht zu ihrem Weltbild passt, ist schlecht. Alles, was nicht mit ihrer Religion in Einklang zu bringen ist, kann nicht die Wahrheit sein. Alle anderen, die nicht ihr Weltbild haben, haben Unrecht und müssen bekämpft werden. Alle anderen, die nicht ihrer Religion angehören, sind Ungläubige, die getötet werden müssen. Mit Blick auf die jüngsten Anschläge in einem Satz: Der Westen ist schlecht.

Große Terroranschläge in Europa

Die Keimzelle des Terrors sind folglich Weltbilder und in diesem Sinn Werte und Normen. Werden diese absolut gesetzt und nicht als zu hinterfragende Gründe gesehen, kommt es unausweichlich zu Radikalisierungen. Aus diesem Grund ist genau an diesem Punkt anzusetzen, wenn es um das Gelingen einer Gesellschaft in Zeiten der Globalisierung geht: Integration und ein Miteinander schaffen wir nicht, indem wir Menschen nur Sicherheit, Geld und eine Förderung im Bereich der kognitiven Intelligenz zuteil werden lassen. So wichtig all das ist, es wird nicht ausreichen, eine Gemeinschaft im Geist der Humanität entstehen zu lassen. Dafür ist nämlich die Auseinandersetzung mit den Werten, mit den Gründen, mit den Weltbildern unerlässlich – die, um qualitativ sein zu können, auch quantitativ nicht überfrachtet sein darf.

Solange Deutschland und Europa diese Fragen nicht angehen, sondern beiseite schieben und Menschen einseitig als ökonomisches Kapital sehen, wird der Terror nicht aufhören. Der Diskurs über Humanität und eine klare Positionierung dazu in der Politik, in der Gesellschaft und auch in der Bildung ist die Aufgabe der Stunde, die uns mit Sicherheit noch Generationen beschäftigen wird.

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