Arbeitslosenzahlen Konjunkturflaute stoppt Rückgang der Arbeitslosigkeit

Arbeitslosenzahlen: Konjunkturflaute stoppt Rückgang der Arbeitslosigkeit Quelle: dpa

Erstmals seit Dezember 2013 ist die Arbeitslosigkeit im Jahresvergleich nicht zurückgegangen. Die Zahl der Arbeitslosen verharrt bei 2,2 Millionen. Der BA-Chef sieht darin eine vorübergehende „konjunkturelle Delle“.

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Der Dauerboom auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland ist vorbei. Erstmals seit fast sechs Jahren geht die Arbeitslosenzahl im Vorjahresvergleich nicht mehr zurück, wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Mittwoch mitteilte. Im Monatsvergleich mit dem September sank die Arbeitslosenzahl im Oktober nur aufgrund der Jahreszeit um 30.000 auf 2,204 Millionen. Das sei „keine nachhaltige Krise“, sondern „eine konjunkturelle Delle“, sagte BA-Chef Detlef Scheele. Im Laufe des nächsten Jahres werde dies wieder ins Positive drehen. Vor allem die Autoindustrie und deren Zulieferer verordnen immer mehr Beschäftigten eine konjunkturbedingte Zwangspause und schicken sie in Kurzarbeit.

Die Wende auf dem Arbeitsmarkt zeichnet sich seit dem Frühjahr ab. Seitdem hatte sich der Abbau der Arbeitslosigkeit deutlich verlangsamt, der im Vorjahresvergleich nun zum Stillstand kam. Als Alarmzeichen will die BA dies nicht sehen, zumal die Arbeitslosenzahl nahe am Allzeittief von 2,186 Millionen vom November 2018 liegt und die Beschäftigtenzahlen weiter steigen. „Das ist eine übliche konjunkturelle Eintrübung, die es in Zyklen gibt“, sagte Scheele. „Dieser Zyklus war von 2008 bis jetzt unendlich lang. Da sollte man zufrieden sein.“ Er verwies auf Bundesregierung und Wirtschaftsforscher, die im nächsten Jahr mit einer Erholung der Wirtschaft rechneten.

In der Fachwelt werden die Aussichten aber düsterer. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) schraubte seine Wachstumsprognose für 2020 auf der Grundlage seiner Befragung von 28.000 Unternehmen auf 0,4 Prozent herunter, während die Bundesregierung von 1,0 Prozent ausgeht. Geringeres Wachstum schlägt sich auch am Arbeitsmarkt nieder.

Saisonbereinigt stieg die Arbeitslosigkeit von September auf Oktober um 6000. Der unbereinigte Rückgang fiel mit 30.000 deutlich geringer aus als für diesen Monat im Zuge der Herbstbelebung üblich. Die Arbeitslosenquote ging um 0,1 Punkte auf 4,8 Prozent zurück. Spätestens im Dezember steigt die Arbeitslosenzahl saisonbedingt aufgrund der geringeren Beschäftigung in den Außenberufen, bevor sie im Januar in der Regel ihren Höchststand erreicht.

Die konjunkturbedingte Kurzarbeit steigt auf geringem Niveau. Im August bezogen laut BA 54.000 Beschäftigte Kurzarbeitergeld, mit dem ein Teil des Lohnausfalls aufgrund etwa von Auftragsflauten ausgeglichen wird. Im Juli waren es 46.800. Besonders betroffen sind die Autoindustrie und die Metallbranche. Scheele wies darauf hin, dass dies nicht vergleichbar sei mit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009, als es zeitweise bis zu 1,5 Millionen Kurzarbeiter gab.

Trotz der schlechteren Lage auf dem Arbeitsmarkt rechnet die BA weiter mit Überschüssen in ihren Kassen, die ihre Rücklagen in diesem Jahr auf 25,7 Milliarden Euro wachsen lassen. Wie Reuters berichtet hatte, wäre laut den internen Berechnungen rechnerisch sogar Raum für eine Senkung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung um 0,1 Prozentpunkte, ohne die vorgeschriebene Mindestreserve deutlich zu unterschreiten.

Die Behörde lehnt eine Beitragssenkung aber ab. „Derzeit sehen wir keinen Spielraum“, sagte Finanzvorständin Christiane Schönefeld. „Wir sollten über eine weitere Beitragssatzsenkung sprechen, wenn die konjunkturelle Unsicherheit vorüber ist. Zum jetzigen Zeitpunkt lehnen wir diese ab.“ Zuletzt hatten der Wirtschaftsflügel der Union und die FDP eine Senkung gefordert.

Mit Beginn des neuen Ausbildungsjahres zog die BA auch eine erste Lehrstellenbilanz. Die Lage habe sich zugunsten der Bewerber weiter verbessert, sagte Scheele. Für 511.800 Bewerber habe es 572.000 Ausbildungsstellen gegeben. Ende September seien 24.500 Bewerber noch unversorgt gewesen, ähnlich viele wie im vorigen Jahr. Regional gebe es aber große Unterschiede. Von den Bewerbern wünsche er sich, dass sie öfter auch Alternativen jenseits des Traumberufs und andere Regionen in Erwägung zögen. Die Arbeitgeber forderte Scheele auf, mehr Bewerber zu nehmen, die nicht die optimalen Voraussetzungen mitbrächten. Die BA habe ein „wirklich großes Päckchen“ an Fördermöglichkeiten, um ausbildungsbereiten Betrieben zu helfen.

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