Arbeitsmarkt Taugt die duale Ausbildung zum Exportschlager?

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Ein Vorbild für ganz Europa

So viel kostet eine Stunde Arbeit in Europa
Supporters of the ultranationalist Bulgarian party Ataka (attack) wave national flags during a anti-government rally in central Sofia, Bulgaria Quelle: dpa/dpaweb
A woman peers through a Romanian flag during a protest against President Traian Basescu in Bucharest, Romania, Quelle: dapd
Die Flagge der Europäischen Union weht neben den Nationalfahnen der EU-Mitglieder Spanien Niederlande, Irland und Griechenland sowie Rumaenien (hinten v. l.), Portugal, Tschechien und Schweden Quelle: dapd
Die deutsche Flagge weht am 09.08.2012 an einem Schiff der Reederei Hiddensee vor der Silhouette der historischen Altstadt von Stralsund Quelle: dpa
Eiffelturm Quelle: gms
Der Dannebrog, die dänische Flagge, weht am 27.06.2012 an einem Ferienhaus in Henne Strand Quelle: dpa
Boddenhafen von Barth Quelle: ZB

"Dank der dualen Ausbildung gelingt in Deutschland ein recht sanfter Einstieg in den Arbeitsmarkt", lobt der Essener Wirtschaftsweise Christoph Schmidt. "Unser nachhaltig denkender Mittelstand und die praktischen Fertigkeiten der Azubis sind offenbar eine sehr gut funktionierende Kombination." Rund 27 Milliarden Euro lassen sich deutsche Unternehmen jedes Jahr die Ausbildung des eigenen Nachwuchses kosten. Selbst der britische "Economist" adelte den deutschen Weg der lebensnahen Qualifizierung jüngst als Vorbild für ganz Europa.

Der Berliner Job-Gipfel auf Einladung von Kanzlerin Angela Merkel soll deshalb nicht nur Milliarden für Europas darbende Jugend lockermachen, sondern auch den Export des dualen Systems voranbringen. Vor allem von der Leyen hat erkannt, welche Profilierungschancen in dem Thema stecken. "Wir alle werden daran gemessen, ob die junge Generation in Europa eine Perspektive bekommt", sagt sie. Ihr Kalkül: Deutschland soll in Zukunft nicht mehr nur als schmallippiger Sparmeister wahrgenommen werden, sondern als gütiger Ausbildungsleiter. Dank ihrer, versteht sich.

Im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit

Aber auch in Brüssel möchte sich niemand dem Verdacht aussetzen, er hätte den Ernst der Lage nicht erkannt. Seit Monaten mahnt Kommissionspräsident Barroso, Europa müsse die Jugendarbeitslosigkeit als "dringendes Problem" begreifen. Sechs Milliarden Euro sollen nun 2014 und 2015 in die "Beschäftigungsinitiative für junge Menschen" fließen. Außerdem werden 16 Milliarden Euro ungenutzte Mittel aus den Kohäsionsfonds für die Ausbildungsförderung umgeschichtet.

Beim EU-Gipfel vergangene Woche einigten sich die Mitgliedstaaten, schnell nationale Pläne für die Umsetzung der Jugendgarantie vorzulegen. Die soll schließlich sicherstellen, dass die unter 25-Jährigen nicht länger als vier Monate ohne Arbeit, Ausbildung oder Praktikum bleiben sollen. In Finnland und Österreich hätten sich solche Garantien bewährt, unterstreicht die Kommission gerne.

Wie es um die Jugend steht

Doch auf ganz Europa ausgebreitet, birgt die Garantie die Gefahr, dass junge Menschen vor allem in nutzlosen Pseudo-Fortbildungen geparkt werden. "Die milliardenschweren EU-Programme sind kaum mehr als weiße Salbe", kritisiert der Arbeitsmarktexperte Karl Brenke vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). "Weniger Jugendarbeitslosigkeit können sie nicht per Dekret verordnen."

Unternehmen in Südeuropa wollen nicht selbst investieren

Immerhin ist auch vielen Verantwortlichen in Brüssel bewusst, dass die Ursachen der Jugendarbeitslosigkeit vor allem direkt vor Ort bekämpft werden müssen. Die Kommission schrieb jüngst in einem Papier: "Die EU kann nicht die auf nationaler Ebene notwendigen Arbeiten leisten." Der Kommission fehlen, aller klingenden Rhetorik über eine engere Wirtschafts- und Sozialpolitik zum Trotz, schlicht die Hebel, Mitgliedstaaten zu Reformen auf dem Arbeitsmarkt zu zwingen. Hinzu kommt eine besondere Schwierigkeit: In vielen Unternehmen, besonders in Südeuropa, herrscht gegenüber der Politik eine abwartende Bringhaltung vor – nach dem Motto: Liefert uns gefälligst die fertigen, passenden Fachkräfte frei Haus. Selbst investieren? Kaum vorstellbar. Der nötige Mentalitätswandel dürfte also Jahre in Anspruch nehmen.

Ökonomen wie Daniel Gros vom Brüsseler Thinktank Centre for European Policy Studies halten den alleinigen Fokus auf junge Arbeitslose ohnehin für falsch. "Europa hat ein makroökonomisches Problem, das auf mangelnder Nachfrage, gepaart mit einem rigiden Arbeitsmarkt, beruht, und kein spezifisches Problem der Jugendarbeitslosigkeit." Tatsächlich war in vielen der akuten Problemländer die Jugenderwerbslosenquote auch schon vor der Krise unangenehm hoch.

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