Arbeitsmarkt Hartz IV spaltet noch immer die Nation

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Hartz hilft der Konjunktur

 

Den Unternehmen geht es gut, nur den Arbeitnehmern nicht. Die haben mit Reallohnverlusten bei gleichzeitigen Ausgabenerhöhungen, etwa für Energie und Gesundheit, das Wachstum ermöglicht. Dazu ein anonymer Kritiker im Gästebuch des Presseclub: „Zuletzt war doch permanent von Krise die Rede wie die Eurokrise, dem ESM, die Griechenlandkrise und die Staatsverschuldungen. Heute, wo es um Hartz IV geht, klingt auf einmal alles so positiv, wir stehen ja ach so gut da. Hartz hat an der Konjunktur gar nichts geändert, es hat sich nur die Struktur der Beschäftigungsverhältnisse hin zu Leih- und Teilzeit-Arbeit verändert.“

So umstritten die Hartz-Reformen in Deutschland sind, so sehr gelten sie doch in vielen Teilen Europas als Vorbild.  Länder wie Frankreich, Italien oder Spanien kämpfen mit hoher Arbeitslosigkeit, mangelnder Wettbewerbsfähigkeit und überlasteten Sozialsystemen. Dagegen steht Deutschland trotz Euro-Krise recht gut da. Das liegt unter anderem daran, dass die Reallöhne der Deutschen in den letzten zehn Jahren stagniert oder sogar gesunken sind. Die Lebensarbeitszeit ist dagegen gestiegen, inzwischen arbeiten 45 Prozent der über Sechzigjährigen, 25 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren.

Die Wettbewerbsfähigkeit der Deutschen hält die Wirtschaft am Laufen und das wiederum sorgt für Beschäftigung. Leiharbeit ist für die Befürworter der Einstieg in die Arbeitslosigkeit und der Versuch, das Gefängnis der Langzeitarbeitslosigkeit aufzubrechen. Gegner sehen darin prekäre Beschäftigungsverhältnisse, die die Langzeitsicherung unterlaufen.

von Cornelia Schmergal, Konrad Fischer

Was wäre ohne Hartz IV? 

Dabei bleibt die Frage offen: Wie wäre es ohne Hartz IV weitergegangen? Sicherlich wäre die Arbeitslosigkeit in den Folgejahren gestiegen, mit katastrophalen Folgen für Sozialkassen, Staatshaushalt und die soziale Lage für die Betroffenen. Es ist eine Diskussion vielfach ohne Alternativen: Mehr Sozialstaat ist, so die Befürworter, nicht finanzierbar. Noch immer gibt es massenhaft Missbräuche, haben sich die Begünstigten in Hartz IV karg, aber behaglich eingerichtet.

Befürworter der Hartz-Reformen führen an, dass der flexibilisierte Arbeitsmarkt dazu beitrug, dass Deutschland sich schneller von der Finanzkrise erholte als seine Nachbarländer, die in der momentanen Euro-Krise unter dem Reformstau ächzen. Die Unternehmen konnten in der Krise flexibel reagieren und dadurch Schritt für Schritt die Wirtschaft stabilisieren. Hartz-Gegner finden aber, dass sich die Wirtschaft auf Kosten der Arbeitnehmer erholt habe, die für dieselbe Leistung nun weniger Lohn und Sicherheit erhalten.

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