Arbeitsmarkt Jobangebote nehmen deutlich zu, doch Fachkräfte fehlen

Die exportorientierten Industriebranchen Maschinenbau und Elektroindustrie plagen Materialknappheit und Lieferprobleme. Nun zeigt sich auch noch ein verschärfter Fachkräftemangel. Quelle: imago images

Trotz Lieferproblemen und Virusvarianten: In den Unternehmen zeichnet sich ein deutlicher Beschäftigungsaufbau ab. Vor allem im Maschinenbau und Elektrobereich fehlen Fachkräfte, der Mangel zeigt ernste Folgen.

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Die Wirtschaft sucht händeringend nach Mitarbeitern, kann aber immer mehr Stellen nicht besetzen. Der zunehmende Fachkräftemangel droht zu einer ernsthaften Wachstumsbremse zu werden. Nach Informationen der WirtschaftsWoche planen große Bereiche der Industrie trotz der vierten Welle der Pandemie zwar einen deutlichen Aufbau ihrer Stammbelegschaften – das neue Jobwunder droht aber an fehlenden Arbeitskräften zu scheitern.

Nach einer noch unveröffentlichten Studie des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) wollen 82 Prozent der Personalverantwortlichen der Branche im nächsten halben Jahr zusätzliches Personal einstellen. Gut 60 Prozent der befragten Unternehmen suchen vor allem Fachkräfte, also Menschen mit abgeschlossener Ausbildung. Knapp 40 Prozent der Unternehmen wollen mehr Experten in ihre Firma holen, also Ingenieure oder Beschäftigte mit einer akademischen Ausbildung. In beiden Gruppen sehen die Personalverantwortlichen der Unternehmen allerdings erhebliche Engpässe – eine Ausnahme bilden die Hilfskräfte. Damit hat sich seit dem Sommer die Lage insbesondere bei den Fachkräften nochmals deutlich verschärft.

von Jacqueline Goebel, Florian Güßgen, Rüdiger Kiani-Kreß, Christian Schlesiger, Lukas Zdrzalek

„Damit die Transformation der Industrie in ein neues Zeitalter gelingt, benötigen die Unternehmen viele gut ausgebildete Menschen“, betont Hartmut Rauen, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des VDMA. Der Maschinenbau sei die beschäftigungsstärkste Industrie und werde in den nächsten Jahren viele hochattraktive und wertvolle Arbeitsplätze schaffen“. Das setzt allerdings ausreichende Ausbildung und genügend Fachkräfte voraus. Ernsthafte Sorgen machen sich die Unternehmen nicht nur wegen der geringen Ausbildungszahlen – circa 40 Prozent der Lehrstellen blieben in diesem Jahr unbesetzt. Nach einer Umfrage des DIHK bei 23.0000 Unternehmen ist der Mangel an geeigneten ausgebildeten Arbeitskräften in den Augen der Firmenchefs das größte Geschäftsrisiko.

Ein großes Hindernis für das Entstehen eines neuen Jobwunders ist zudem die Demografie, weil die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer in den kommenden Jahren in den Ruhestand wechseln. „Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen in Rente und müssen ersetzt werden“, sagt Rauen. „Der Personalengpass darf sich nicht zur Fortschrittsbremse entwickeln.“

Wenig Erfolg bei Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte

Auch in anderen Branchen zeigen die Indikatoren für einen deutlichen Beschäftigungsaufbau klar nach oben. Neben dem Maschinenbau bestehen vor allem in der Elektroindustrie, dem Bausektor und dem Handel ausgezeichnete Chancen für Stellensuchende, wie das aktuelle Ifo-Beschäftigungsbarometer zeigt.   

Zur Sicherung des Fachkräftenachwuchses setzen die Unternehmen weiterhin vor allem auf Ausbildung und duales Studium, wie die interne Umfrage des VDMA zeigt. Die Personalverantwortlichen der Branche planen mit einem weiteren Ausbau des Angebots von dualen Studienplätzen in den Ingenieurwissenschaften und der Informatik sowie von gewerblich-technischen Ausbildungsplätzen. 34 Prozent der Personalmanager wollen künftig mehr duale Studienplätze im technischen Bereich anbieten. Ein Drittel der Befragten will mehr technisch-gewerbliche Ausbildungsplätze anbieten. Auch das Weiterbildungsangebot ist bei einem Drittel der Unternehmen gestiegen.

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„Die Rekrutierung von Nachwuchs- und Arbeitskräften wird viele Unternehmen in den nächsten Jahren vor zunehmende Herausforderungen stellen, allein schon aufgrund des demografischen Wandels“, sagt Jörg Friedrich, Leiter der VDMA-Bildungsabteilung. „Die Unternehmen können aber auch gegensteuern, zum Beispiel indem sie mobiles Arbeiten anbieten oder gezielt ausländische Fachkräfte anwerben.“ Allerdings setzen die Personalmanager offenbar wenig Vertrauen in das Fachkräfteeinwanderungsgesetz. Lediglich sechs Prozent der Befragten konnten dadurch zusätzliche Arbeitskräfte gewinnen. Weniger als jeder vierte Befragte rechnet damit, dass das Fachkräfteeinwanderungsgesetz in Zukunft Früchte tragen wird und dadurch zusätzliche Arbeitskräfte zur Verfügung stehen werden.

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