




Praktika, vereinzelt Ausbildungen, selten feste Stellen - das bieten die großen deutschen Unternehmen Flüchtlingen auf Jobsuche an. Selbst für eine Ausbildung ist den Firmen das Risiko einer Abschiebung häufig zu groß. Einige von ihnen versuchen deshalb, mit den Behörden und der Politik die Bedingungen zu verbessern.
Siemens startete im Frühjahr in Erlangen ein Programm für zehn bezahlte Praktikanten. Ab Oktober soll dies an neun weiteren Standorten fortgesetzt werden. „Da geht es erst einmal um ein Stück Normalität, um Alltag“, sagt Sprecher Michael Friedrich. Bisher sei noch niemand für eine Ausbildung übernommen worden. Das könne aber noch kommen, sagt Friedrich.
Was Flüchtlinge dürfen
Wer eine sogenannte Aufenthaltsgestattung bekommt, darf nach drei Monaten in Deutschland eine betriebliche Ausbildung beginnen. Wer geduldet ist, kann vom ersten Tag an eine Ausbildung machen. In beiden Fällen ist jedoch eine Erlaubnis durch die Ausländerbehörde nötig.
Gleiches gilt für Praktika oder den Bundesfreiwilligendienst beziehungsweise ein freiwilliges, soziales Jahr: Personen mit Aufenthaltsgestattung können nach drei Monaten ohne Zustimmung der ZAV damit beginnen, wer den Status „geduldet“ hat, darf das ab dem ersten Tag.
Wer studiert hat und eine Aufenthaltsgestattung besitzt, darf ohne Zustimmung der ZAV nach drei Monaten eine dem Abschluss entsprechende Beschäftigung aufnehmen, wenn sie einen anerkannten oder vergleichbaren ausländischen Hochschulabschluss besitzen und mindestens 47.600 Euro brutto im Jahr verdienen werden oder einen deutschen Hochschulabschluss besitzen (unabhängig vom Einkommen).
Personen mit Duldung können dasselbe bereits ab dem ersten Tag des Aufenthalts.
Personen mit Aufenthaltsgestattung können nach vierjährigem Aufenthalt jede Beschäftigung ohne Zustimmung der ZAV aufnehmen.
Auch die Deutsche Telekom bietet online für Flüchtlinge bezahlte Praktika an. Die Anforderungen sind allerdings hoch: Das Unternehmen sucht vor allem Wirtschaftsstudenten, meist werden gute Deutsch- und Englischkenntnisse verlangt. Noch hat die Telekom keine Praktikanten über diesen Weg gefunden, aber bereits erste Bewerbungen bekommen.
Bei Continental fürchtet man, dass daraus eine Odyssee an Praktika werden könnte. Stattdessen setzt der Autozulieferer darauf, bestehende Förder-Programme für Flüchtlinge zu öffnen. Junge Menschen sollen etwa während eines bezahlten Praktikums, ihren Schulabschluss nachholen und anschließend eine Ausbildung machen können. Noch müssen die rechtlichen Voraussetzungen dafür mit der Arbeitsagentur geklärt werden. Die Rückmeldung sei aber positiv, heißt es aus dem Unternehmen.
Vereinzelt werden auch bereits Ausbildungsverträge geschlossen. Daimler bildet etwa in vier Werken Flüchtlinge aus. Der Werkzeugmaschinenbauer hat Syrer und Iraker mit Arbeitserlaubnis eingestellt. Der Kontakt entsteht auf unterschiedlichen Wegen. So unterstützt der Autohersteller die Stadt Stuttgart finanziell bei der Flüchtlingsarbeit und steht über dieses Engagement in Kontakt zu den Hilfsprojekten vor Ort. Trumpf bietet in Kooperation mit seiner Heimatgemeinde Deutschkurse an.
Direkt in Flüchtlingsunterkünfte zu gehen und dort nach Mitarbeitern zu suchen, hält Ariane Reinhart von Continental für keine gute Idee. „Wichtig ist für die Menschen doch zunächst, nach den Strapazen zur Ruhe zu kommen.“ Auch die Telekom will diesen Weg, den Daimler-Chef Dieter Zetsche vergangene Woche aufgeworfen hatte, nicht gehen. „Das macht keinen Sinn. Erst einmal muss ja die rechtliche Situation der Flüchtlinge geklärt werden“, sagt Konzernsprecher Christian Schwolow.
Der unsichere Rechtsstatus der Flüchtlinge bleibt für die Unternehmen ein Risiko. Zwar hat sich die Bundesregierung am Wochenende auch auf eine Lockerung der Arbeitsverbote geeinigt. Während das Asylverfahren läuft, hängt aber in der Schwebe, wie lange ein Asylbewerber in Deutschland bleiben darf. Für die Unternehmen ist die Ausbildung eines Mitarbeiters aber immer auch eine Investition.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag unterstützt deshalb eine 3+2-Regelung. Danach soll jemand, der eine dreijährige Ausbildung macht, nicht abgeschoben werden - und auch nach der Lehre für mindestens zwei Jahre weiter beschäftigt werden dürfen.