Armuts- und Reichtumsbericht Vier Millionen Deutsche sind überschuldet

Schulden im reichen Deutschland – immer mehr Menschen sind betroffen. Arbeitslosigkeit, aber auch private Schicksalsschläge zählen zu den Hauptursachen. Vor allem Männer kämpfen mit oft unüberwindbaren Schuldenbergen.

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Immer mehr Deutsche sind überschuldet: In den vergangenen zehn Jahren nahm ihr Anteil an der Bevölkerung von 1,6 auf mehr als 2 Prozent zu. Quelle: dpa

Berlin In Deutschland sind immer mehr Menschen überschuldet. Der Anteil der hoch verschuldeten Erwachsenen stieg von 5 Prozent 2006 auf 6,1 Prozent im laufenden Jahr. Im vergangenen Jahr waren es 5,8 Prozent, wie aus dem Entwurf des 5. Armuts- und Reichtumsberichts des Bundessozialministeriums hervorgeht. Das waren 4,17 Millionen Menschen, wie aus Regierungskreisen am Dienstag weiter verlautete. Die „Bild“-Zeitung und andere Medien berichteten zuerst darüber.

Der Anteil der überschuldeten Haushalte stieg binnen zehn Jahren von 1,6 auf mehr als 2 Prozent im laufenden Jahr. Im vergangenen Jahr lag diese Quote noch um 0,3 Prozentpunkte niedriger. Gemessen werden dabei Personen und Haushalte mit mehreren miteinander verknüpften Merkmalen wie Inkassofällen oder nachhaltigen Zahlungsstörungen, die nach zwei vergeblichen Mahnungen mehrerer Gläubiger erfasst werden.

In 20 Prozent der Fälle, in denen Betroffene zur Schuldnerberatung gehen, war Arbeitslosigkeit der Hauptauslöser. „Häufig wird die Überschuldung auch durch einen Schicksalsschlag ausgelöst“, heißt es im Armuts- und Reichtumsbericht. Hinter 29 Prozent aller Fälle stecken demnach hauptsächlich Gründe wie Trennung, Scheidung, der Tod des Partners, eine Erkrankung, Sucht oder ein Unfall. Eine unwirtschaftliche Haushaltsführung löste bei 11 Prozent der Fälle die Überschuldung aus.

Männer sind mit 12,7 Prozent deutlich häufiger überschuldet als Frauen, von denen knapp 7,6 Prozent betroffen sind. Alleinlebende Männer und alleinerziehende Frauen trifft es besonders häufig.

Die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, Ulrike Mascher, stellte fest: „Überschuldung und prekäre Beschäftigung hängen oft zusammen.“ Leih- und Zeitarbeit, befristete Arbeitsverhältnisse sowie Teilzeit- und Minijobs leisteten der Armut, vor allem bei Frauen, Vorschub, mahnte sie.

Insgesamt ist der 655-Seiten-Entwurf des Berichts Ergebnis eines aufwendigen Verfahrens mit mehreren Forschungsprojekten. Er ist in der Abstimmung der Bundesregierung, soll weiter aktualisiert und mit Verbänden und Experten beraten werden, bevor er abermals zwischen den Ministerien abgestimmt und im Frühjahr vom Bundeskabinett beschlossen wird. Schwerpunktthemen sind unter anderem die Auswirkung atypischer Beschäftigung und die Entstehung und Verwendung privaten Reichtums.

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