Asylbewerber und Kriminalität Wie kriminelle Flüchtlinge die Verwaltung austricksen

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Im Schatten der Anonymität

Mit diesen Papieren wiesen sich auch die Tatverdächtigen in Köln aus. Das Problem: Solange das BAMF keine Fingerabdrücke aufgenommen hat, kann sich der Flüchtling jederzeit eine neue Identität ausstellen lassen. Fingerabdrücke aber werden erst genommen, wenn das Asylverfahren eröffnet wird. So war es möglich, dass der Beil-Attentäter von Paris zuvor mit sieben verschiedenen Identitäten in Deutschland gelebt hatte.

Manche Flüchtlinge nehmen diese Identitätswechsel auch aus deutlich profaneren Gründen vor. So berichtet die „Neue Westfälische“ von einem Flüchtling, der seine Büma schnell wieder vernichtete, als er erfuhr, dass er in einer Flüchtlingsunterkunft in Sachsen untergebracht werden sollte. Im Schatten dieser Anonymität hat sich in den vergangenen Jahren offenbar ein immer größer werdendes Netzwerk Krimineller entwickelt. So startete die nordrhein-westfälische Polizei bereits Anfang 2015 ein „Casablanca“ getauftes Analyseprojekt, um diesen Strukturen auf den Grund zu gehen. Ein Zentrum der Kriminellen bilden demnach die „Klein-Marokko“ getauften Straßenzüge im Düsseldorfer Stadtteil Oberbilk. Von hier aus sollen sie ihre bundesweiten Raubzüge planen, gegen insgesamt 2200 junge Männer liegen inzwischen mehr oder weniger konkrete Hinweise vor. Dass die Polizei diese Strukturen inzwischen halbwegs überschauen kann, macht das Problem jedoch nicht kleiner.

„Wir können viele der Straftäter nicht oder nur sehr schwer abschieben“, so NRW-Innenminister Jäger. Solange sie sich im Asylverfahren befinden, sind die Hürden dafür ohnehin höher. Und dieses Verfahren dauert gerade bei diesen Herkunftsländern derzeit sehr lange, da der Fokus des BAMF auf der Abarbeitung der syrischen Fälle liegt. So liegt die durchschnittliche Verfahrensdauer für Algerien und Marokko aktuell bei mehr als 14 Monaten. Inklusive der Zeit bis zur Eröffnung des Verfahrens und einer anschließenden Klage beim Verwaltungsgericht bleiben Menschen mit kriminellen Absichten somit mindestens 2,5 oder drei Jahre, bevor eine Abschiebung akut wird.

Selbst dann aber ist die Verwaltung meist noch nicht am Ziel. Soll ein abgelehnter Asylbewerber abgeschoben werden, obwohl er nicht über gültige Papiere verfügt, müssen so genannte Passersatzpapiere vom Heimatland ausgestellt werden. Die meisten Länder machen das inzwischen recht zügig - nicht aber Marokko und Algerien. Wenn diese Länder nun zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt werden, könnte das zwar die Asylverfahren beschleunigen. An den Schwierigkeiten bei der Abschiebung würde sich jedoch nichts ändern.

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