Athen unter EU-Aufsicht Strauß-Vorstoß zu Griechenland stößt auf Widerspruch

Steuerfahnder, die das Weite suchen und Ex-Politiker, die den Hals nicht voll kriegen. Griechenland sorgt weiter für Schlagzeilen. Schon wird ein härteres Durchgreifen der EU gefordert. Ob das wirklich helfen könnte?

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Max Strauß. Quelle: Reuters

Düsseldorf Der Rücktritt von zwei erst kürzlich eingesetzten Steuerfahndern in Griechenland hat in Deutschland eine rege Debatte über die Reformbereitschaft des krisengeschüttelten Euro-Staats ausgelöst. Abgeordnete von CDU und CSU reagierten mit großem Unverständnis auf die jüngste Episode in der griechischen Finanztragödie. Max Josef Strauß, Jurist und ältester Sohn des legendären bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Franz Josef Strauß, forderte ein härteres Durchgreifen der Europäischen Union. „Die EU müsste Personal ins griechische Finanzministerium setzen, das dort mal durchgreift“, hatte Strauß auf seiner Facebook-Pinnwand geschrieben: „Die Griechen werden das nie von sich aus tun. Kein Funktionär räumt freiwillig seinen Platz und gibt Privilegien auf“, betonte er.

Die Strauß-Forderung stößt jedoch auf Skepsis in der Union. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Klaus-Peter Willsch sagte Handelsblatt Online dazu: „Es ist geradezu zwangsläufige Folge der verfehlten Rettungsschirme, dass Rufe nach einer Art Protektoratspolitik laut werden.“ Um die immer gewaltiger werdenden Hilfssummen innenpolitisch, vor dem deutschen Steuerzahler, zu rechtfertigen, werde „abwechselnd oder parallel der mit dem Eingestehen der Insolvenz Griechenlands drohende Weltuntergang beschworen oder das Bild vom strengen Vater bemüht, der zwar noch mal aus der Patsche hilft, aber dem Sprössling genauestens auf die Finger schaut und bei der geringsten Abweichung dazwischenfunkt“. Doch das stimme mit „unseren traditionellen Vorstellungen von Volkssouveränität“ kaum überein.

Zwar seien die Anstrengungen des Chefs der europäischen Griechenland-Arbeitsgruppe, Horst Reichenbach, und anderer lobenswert, sagte Willsch. Dies werde aber wohl „als Fremdbestimmung aufgenommen werden und anti-europäische Reflexe auslösen“, sagte der CDU-Politiker.

Max Josef Strauß hatte sich vor allem daran gestoßen, dass zwei erst kürzlich eingesetzte griechische Steuerfahnder diese Woche von ihren Ämtern zurücktraten. „Jetzt kommt das, was zu erwarten stand: In Griechenland ändert sich nichts, und die EU legt unter kräftiger Beteiligung Deutschlands Hunderte von Milliarden Euro für das Desaster hin“, schrieb Strauß bei Facebook. Auch das Griechenland ein Schuldenschnitt signalisiert wurde, hält der Strauß-Sohn für falsch. Eine solche Maßnahme habe „den unangenehmen Beigeschmack, dass das Geld weg ist bzw. dass die griechischen Steuerbetrüger es haben und nicht die europäischen Steuerzahler“, kritisiert er.


Schäuble warnt vor Schwarzmalerei

Der CDU-Politiker Willsch glaubt indes nicht, dass Griechenland seine Schuldenkrise auf absehbare Zeit in den Griff bekommt. Mit Blick auf die schleppende Reformpolitik in Griechenland sagte Willsch: „Es ist pure Illusion zu glauben, jahrhundertealte Traditionen und Gewohnheiten könnten innerhalb weniger Monate oder Jahre nachhaltig geändert werden. Die ökonomischen Daten aus Griechenland belegen es: allen Sparanstrengungen zum Trotz werden sie ständig schlechter, der Schuldenstand steigt unaufhaltsam.“

Ähnlich äußert sich der Unions-Finanzexperte Hans Michelbach. Er warf Griechenland in scharfem Ton unzureichende Fortschritte bei der Überwindung der Schuldenkrise vor. Die Regierung von Ministerpräsident Lukas Papademos habe die in sie gesetzte Hoffnung noch nicht erfüllt, sagte der CDU/CSU-Obmann im Bundestagsfinanzausschuss am Freitag in Berlin. „Athen kann nicht erwarten, dauerhaft von den anderen EU-Staaten alimentiert zu werden, während es selbst mehr oder weniger die Hände in den Schoß legt“, sagte der CSU-Politiker. Die europäischen Partner seien weiter zur Solidarität bereit, aber Solidarität sei keine Einbahnstraße. Griechenland müsse aufpassen, „dass seine Partner nicht endgültig die Geduld verlieren“.

Michelbach kritisierte besonders die schleppenden Privatisierungsbemühungen. Da müsse die EU angesichts fehlender Leistungsfähigkeit der griechischen Verwaltung die Regie übernehmen und etwa über eine unabhängige europäische Treuhandanstalt die Privatisierung der Staatsunternehmen und -beteiligungen abwickeln.

Griechenland kommt auch bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung kaum voran. Erst am Donnerstag hatte Regierungschef Papademos eine sofortige Untersuchung zum Rücktritt zweier erst kürzlich eingesetzter Steuerfahnder angeordnet. Diese hatten ihren Schritt mit politischer Einmischung in ihre Arbeit begründet. Steuerbetrug ist einer der Hauptgründe für die dramatische Finanzlage Griechenlands.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble warnte vor Schwarzmalerei und bot Griechenland erneut Hilfe für den Aufbau „einer funktionsfähigen Finanzverwaltung“ an. Es werde jetzt manches sehr negativ dargestellt, sagte Schäuble dem Handelsblatt. Sicher gebe es Verbesserungsbedarf auf einigen Gebieten wie etwa der Finanzverwaltung und bei den Privatisierungen. Manches könnte schneller gehen. Allerdings gab Schäuble zu Bedenken: „Man braucht sehr viel mehr Zeit für die Umsetzung als für die Ankündigung.

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