Atommüll Zähe Suche nach einem Endlager

Die Suche nach einem Atommüll-Endlager für Deutschland geht in die nächste Runde. Teilnehmer eines Spitzengesprächs glaubten nicht an eine schnelle Lösung - doch nun scheint eine erste Einigung bevorzustehen.

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Besucher besichtigen das Erkundungsbergwerk in Gorleben. Quelle: dpa

Berlin Die Suche nach einem Endlager für Atommüll kommt kaum vom Fleck. Teilnehmer eines Spitzengesprächs von Bund, Ländern und Parteien am Dienstagabend sagten, in den kommenden Wochen seien wenig Fortschritte zu erwarten. SPD-Chef Sigmar Gabriel und die Grünen-Spitze gingen schon vor dem Treffen in Berlin auf Gegenkurs zu Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU).

Gabriel warnte vor verfassungsrechtlichen Problemen. Insbesondere lehnte er die Idee ab, den Betrieb des Endlagers an Privatunternehmen zu vergeben. Zudem warnte er davor, den Salzstock Gorleben zu einem Referenzstandort zu machen, an dem sich alle anderen Kandidaten messen müssten.

Im November hatten sich Bund und Länder auf einen Neustart bei der Endlagersuche verständigt. Röttgen will die Erkundung in Gorleben zwar noch in diesem Jahr einstellen, das Erkundungsbergwerk aber nicht schließen. Unter anderem soll dort ein Forschungslaborbetrieb möglich sein.

Grünen-Bundestagsfraktionschef Jürgen Trittin sagte zu Gorleben, es müsse ein Bau- und Erkundungsstopp verhängt werden. Trittin lehnte zudem den Plan Röttgens ab, ein neues Institut für die Endlagersuche zu schaffen. Dafür solle weiter das Bundesamt für Strahlenschutz zuständig bleiben, das sich damit gut auskenne.

Trotz der vielen unterschiedlichen Positionen konnte sich Trittin zu Beginn der Gesprächsrunde vorstellen, dass sich alle Beteiligten noch vor der Sommerpause auf ein Endlager-Suchgesetz einigen.


Gorleben ist „politisch verbrannt“

Dazu forderte Niedersachsen Ministerpräsident David McAllister (CDU) alle Beteiligten auf, ihre Positionen noch einmal kritisch zu hinterfragen. Sein Umweltminister Stefan Birkner (FDP) verlangte vor den Gesprächen auch noch einmal, Gorleben wie alle anderen Standorte zu behandeln.

Auch Trittin meinte, dass Gorleben nicht per se ausgenommen bleiben solle. „Gorleben ist genauso ein Standort wie irgendeine andere Fläche in Deutschland.“ Es habe sich somit den gesetzlich verbrieften Kriterien zu stellen. „Wenn es diesen nicht genügt, fliegt es raus. Wenn es weiter genügt, wird es weiter geprüft.“ Gorleben sei aber „politisch verbrannt“ und nach seiner persönlichen Einschätzung auch geologisch ungeeignet.

Der Präsident des Deutschen Atomforums, Ralf Güldner, hält indes am Standort Gorleben als Endlager für radioaktive Abfälle fest. Es gebe keine technisch begründeten Argumente dagegen, sagte Güldner dem ARD-„Morgenmagazin“. Der Salzstock in Gorleben sei sorgfältig geprüft worden. „Wir sehen keinen Grund, hier auf der Zielgerade stehen zu bleiben.“

BUND-Experte Thorben Becker kritisierte, dass die Endlagerfrage ausschließlich hinter verschlossenen Türen verhandelt werde. Die Energieexpertin der Linken im Bundestag, Dorothée Menzner, bemängelte: „Röttgen verschweigt der Öffentlichkeit, wie es mit der Atommüllverwahrung weitergehen soll - und zwar bewusst und vorsätzlich.“


Demonstranten ketten sich fest

Am Montag hatten Atomkraftgegner angekündigt, sich mit einer Großdemonstration am Samstag (28. April) in Gorleben in die entscheidende Phase der Verhandlungen über ein Endlager-Suchgesetz einzumischen. Bereits Dienstagnachmittag blockierten nach Angaben der Initiative „Gorleben 365“ rund 20 Aktivisten die sechs Tore zum Gorlebener Endlagerbergwerk. Sie hatten sich mit Vorhängeschlössern, Ketten und einer Pyramide an den Toren festgemacht.

Vor dem Berliner Bundesumweltministerium empfingen mehrere Dutzend Demonstranten die Teilnehmer des Spitzengesprächs mit Anti-Atom-Flaggen, Transparenten und dem Lärm von Trillerpfeifen.

Am Ende der Gespräche schienen dann doch einige Fortschritte gelungen zu sein. Es werde nur noch eine nächste, letzte Sitzung geben, bei der dann ein Konsens erzielt werden müsse, sagte Bundesumweltminister Norbert Röttgen nach einem Treffen in Berlin.

„Der Konsens ist zu greifen und wir hätten auch zugreifen können“, sagte er weiter. Doch noch seien einige Punkte ungeklärt. Einen Termin für das Treffen und wer daran teilnehmen werde, verriet der CDU-Politiker nicht. Vereinbart werden soll dann ein Suchgesetz, auf dessen Basis ein endgültiges Lager für hoch radioaktiven Müll gefunden werden soll.

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