Attentäter in Paris NRW-Innenminister gerät unter Druck

Der Pariser Attentäter hat in einem Asylbewerberheim in Deutschland gelebt. Trotz einer Haftstrafe in NRW war er nicht abgeschoben worden. Die CDU hält den nordrhein-westfälischen Innenminister für nicht mehr tragbar.

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„Jäger ist ein Problem für die innere Sicherheit“, sagt CDU-Landeschef Armin Laschet. Quelle: dpa

Düsseldorf Angesichts der Ermittlungsdetails zu dem in Paris erschossenen mutmaßlichen Islamisten setzt die Opposition NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) unter Druck. „Innenminister Jäger ist ein Problem für die innere Sicherheit“, sagte CDU-Landeschef Armin Laschet der „Bild“-Zeitung. Es müsse dringend aufgeklärt werden, wie ein vorbestrafter Anhänger der IS-Terrormiliz in Nordrhein-Westfalen einfach verschwinden konnte. NRW sei seit langem „Wohlfühlzone für Salafisten“.

Die Opposition hatte Jäger schon nach den Übergriffen auf Frauen in Köln heftig kritisiert. Im Landtags-Innenausschuss muss er dazu an diesem Montag Rede und Antwort stehen.

Der bei einem Angriff auf Pariser Polizisten erschossene mutmaßliche Islamist hat bis vor kurzem in einem Asylbewerberheim in Recklinghausen gewohnt und war hierzulande sogar schon inhaftiert. Der mehrfach straffällige Mann spielte den Behörden in mehreren europäischen Ländern mindestens sieben verschiedene Identitäten vor und verbüßte im August eine einmonatige Freiheitsstrafe in NRW, wie der Chef des Landeskriminalamts, Uwe Jacob, am Sonntag berichtete.

Der mutmaßliche Islamist war am ersten Jahrestag des Anschlags auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ an einer Polizeistation in Paris auf zwei Polizisten zugelaufen, hatte „Allah ist groß“ gerufen und ein Schlachterbeil gezogen. Die Beamten erschossen ihn.

Jäger, der als starker Mann in der rot-grünen NRW-Regierung gilt, war in der Vergangenenheit schon mehrfach in Bedrängnis geraten. Der Grund waren Pannen bei der Polizei.

Schon sein Start als Innenminister im Juli 2010 hatte mit einer Katastrophe begonnen. Bei der Loveparade in seiner Heimatstadt Duisburg starben 21 Menschen. Der gerade erst neu für die Polizei zuständige Minister stellte sich schnell schützend vor seine damals stark kritisierten Beamten. Später konnte er zufrieden feststellen, dass kein Polizist unter den Angeklagten ist.

Im Herbst 2014 wurde es für den damaligen Vorsitzenden der Innenministerkonferenz unbequem. Es tauchten Bilder von Übergriffen auf Flüchtlinge in NRW-Landesunterkünften auf und schockierten bundesweit. Jäger kündigte Verbesserungen und totale Transparenz an. „Nichts wird unter den Teppich gekehrt.“ Laschet und der FDP-Vorsitzende Christian Lindner wollten damals seinen Rücktritt.

Wenig später kam es zu Ausschreitungen bei einer Hooligan-Demo in Köln. Jäger verteidigte die Sicherheitsbehörden gegen Vorwürfe, sie hätten überfordert und hilflos agiert - auch er selbst geriet vorübergehend in Bedrängnis. Nach Skandalen bei einem Kölner Spezialeinsatzkommando lautete seine Devise: Flucht nach vorn. Jäger ließ alle Elite-Einheiten in NRW unter die Lupe nehmen.

Als Kommunalminister ist Jäger auch für die Erstunterbringung und Versorgung der Flüchtlinge zuständig. Die Kritik der Opposition an Jägers Flüchtlingspolitik verlor zuletzt an Schärfe. Mit den Kommunen verständigte er sich zuletzt recht geräuschlos.

Jäger stammt aus einem Duisburger Arbeiterviertel, hatte Groß- und Einzelhandelskaufmann gelernt, studierte - nicht bis zum Ende - Pädagogik, machte Kommunalpolitik. 2000 kam der verheiratete Vater von drei Kindern als Abgeordneter nach Düsseldorf, wurde später Vizefraktionschef, 2010 dann Innenminister. Da er eine klare Kante gegen Neonazis, Rocker und Salafisten zeigte, galt er bald als starker Mann in der Regierung von Hannelore Kraft.

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