Diese Ansicht vertritt Ulrich Blum, Chef des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), im Interview mit der WirtschaftsWoche. Der Ökonom hält es deshalb einen Solidarpakt III nicht für notwendig. „Der Osten muss und kann dann auf eigenen Füßen stehen. Ich rechne damit, dass die Wirtschaftskraft 2019 rund 85 bis 90 Prozent des Westniveaus erreicht. Dann können alle Sonderförderungen gestoppt und die Ostländer in den normalen Länderfinanzausgleich einbezogen werden.“
Dass die Wirtschaftsentwicklung der ostdeutschen Länder immer noch der Entwicklung im Westen hinterherhinkt, liegt laut Blum auch an den zu kleinen Unternehmen und fehlenden Konzernzentralen. „Ein zentrales Problem ist die kleinteilige Wirtschaftsstruktur. Es gibt im Osten kaum große, expansionsfähige Mittelständler – und keine einzige Konzernzentrale. Headquarter sorgen in der Regel für gut 30 Prozent der Wertschöpfung eines Unternehmens. Wenn aber in einer Region überwiegend verlängerte Werkbänke stehen, fehlt es an nachhaltigen Jobs und Innovationskraft. Die privaten Forschungsausgaben liegen im Osten nur bei einem Fünftel des Westniveaus.“ Dennoch sieht Blum 20 Jahre nach der Wende die Chance, dass sich der Osten in bestimmten Branchen stark entwickelt. Dazu zählt der Forscher die erneuerbaren Energien, insbesondere die Produktion von Solarzellen, und die grüne Gentechnik.
Aufbau Ost gehört ins Kanzleramt
Als falsch bezeichnet Blum, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel die politische Zuständigkeit für den Aufbau Ost dem Innenministerium des neuen Ministers Thomas de Maizière übertragen hat. „Die Ressortzuordnung ist ein Fehler. Der Aufbau Ost ist eine Querschnittsaufgabe und gehört daher in die Zuständigkeit des Kanzleramts. Dessen ungeachtet halte er de Maizière „für einen fähigen Politiker, der als langjähriger Minister in Sachsen weiß, wie der Osten tickt.“