Aufbruch ins All Wie ein Bremer Unternehmen dazu beiträgt, Europa unabhängiger zu machen

Quelle: imago-images, PR

Einst war das Bremer Raumfahrtunternehmen OHB ein Start-up. Heute investiert der Konzern in Raketen der neuesten Generation. Gerade in der Raumfahrt gilt: Wer an der Spitze bleiben will, muss visionärer denken als die Konkurrenz. Teil 14 von „Nächster Halt: Aufbruch“, unserer Serie zur Bundestagswahl.

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Dass Orientierungslose mit dem Smartphone ihren Weg finden, neue Straßen und Bauwerke exakt vermessen werden können und autonome Autos wie von selbst ans Ziel navigieren, das gelingt auch mit Hilfe der Galileo-Satelliten, die 23.000 Kilometer oberhalb der Erde ihre Runden drehen. Und aufgrund des Bremer Familienunternehmens OHB, das die Satelliten der ersten Generation gebaut hat.

Das Navigationssatellitensystem Galileo ist der europäische Versuch, sich von ausländischen Systemen unabhängiger zu machen, wie dem amerikanischen GPS, dem russischen GLONASS und dem chinesischen Baidou. Und ein wichtiges Innovationscluster der europäischen Luft- und Raumfahrtbranche ist Bremen: Auf gerade einmal etwa eine halbe Million Einwohner kommen knapp 12.000 Beschäftigte in mehr als 140 Unternehmen in dem Sektor. Jahresumsatz der Branche: mehr als vier Milliarden Euro.

Die Zukunftsbranche Weltraumtechnik entzückt Industrie und Politik gleichermaßen. Der Bundesverband der Deutschen Industrie hat bereits 2019 die Chancen der Raumfahrt für die deutsche Industrie betont und von der Bundesregierung mehr Geld für den Sektor gefordert. Der Weltraum sei ein „dynamischer Wachstumsmarkt“, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) kürzlich und kündigte eine Initiative an, um die deutsche Raumfahrtindustrie im Bereich Kleinsatelliten gezielt zu stärken.

Nächster Halt: Aufbruch

Fahrt durch eine unterschätzte Republik

#btw2021


„Bremen ist die City of Space“, sagt Sabine Recke, Vorstandsbeauftragte für Politik und Regierungsangelegenheiten bei OHB, und sie weiß, dass das nach Stadtmarketing klingt, deshalb gibt sie es gleich selbst zu. Dass Bremen tatsächlich zur internationalen Raumfahrt-Community zähle, lasse sich aber auch daran ablesen, dass 2018 in der Stadt bereits zum zweiten Mal der International Astronautical Congress stattfand, immerhin der größte Raumfahrtkongress der Welt. „Da sind wir schon ganz schön weit vorne mit dabei“, findet Recke.

Um mit den Größen der Branche auch auf dem internationalen Markt mithalten zu können, muss ein familiengeführtes Unternehmen wie OHB kreativ werden. 1982 übernahm Christa Fuchs die Otto Hydraulik Bremen GmbH, drei Jahre später stieg das Unternehmen ins Raumfahrtgeschäft ein. Das Ziel: Kleine und damit günstigere Satelliten herstellen. Seit 2001 ist OHB der erste börsennotierte Technologie- und Raumfahrtkonzern Deutschlands, längst steht OHB für Orbitale Hochtechnologie Bremen.

Das Unternehmen baut hauptsächlich erdnahe und geostationäre Satelliten zur Erdbeobachtung, Navigation und Kommunikation – und verkauft sie auch an Staaten(gemeinschaften). Im Video erklärt Lobbyistin Sabine Recke, wie OHB damit auch in Zukunft international mithalten will.

Innovation und Erfindergeist

OHB kann Satelliten und Raketen bauen. Was fehlt, ist der passende Platz in der Nähe, um diese zu starten. Im Moment muss noch auf internationale Spaceports wie den in Französisch-Guyana ausgewichen werden. Ende 2020 hat sich OHB daher mit drei weiteren Unternehmen zusammengeschlossen und die German Offshore Spaceport Alliance gegründet. Gemeinsam entwickeln sie eine Startplattform für Raketen in der Nordsee. Sollten die Gespräche mit den Behörden erfolgreich sein, könnten von dort schon 2023 Raketen starten.

Charlotte Bewick ist Ingenieurin bei OHB. Im Weltraum, sagt sie, seien die Bedingungen bei jeder Mission vollkommen neu. Im Video erklärt Bewick, warum sie Richtung Himmel strebt und wie OHB daran arbeitet, innovativ zu bleiben.

Teamarbeit und Agilität

Misserfolge wegstecken muss das Unternehmen allerdings auch. Heute befinden sich 28 Galileo-Satelliten in der Umlaufbahn, insgesamt sollen es 34 werden. Anfang des Jahres vergab die Europäische Union die Aufträge für die nächste Generation – allerdings nicht an OHB, sondern die Rivalen Airbus und Thales Alenia Space.

Mehr zum Thema: Dieser Artikel ist Teil einer Serie zur Bundestagswahl 2021. Wir folgen der längsten IC-Strecke Deutschlands – vom Südwesten bis in den Nordosten. Nächster Halt: Aufbruch – Fahrt durch eine unterschätzte Republik

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