BA-Vorstand Heinrich Alt Hartz-IV-Bürokratie kostet fünf Milliarden

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Hartz IV kostet 45 Milliarden Euro

...vermutlich kein Grund zur Freude. 

Gewiss nicht. Natürlich kann die Politik bei einer so gewaltigen Reform nicht alles im Vorfeld bedenken. Doch ein Korrekturbedarf in dieser Größenordnung ist schon enorm. Die Flut an Rechtsänderungen führt dazu, dass unsere Mitarbeiter kaum noch routiniert arbeiten können. Wir haben echte Profis in den Jobcentern, aber wir sollten ihnen ein Stück Routine gönnen. Das wäre der beste Weg, um Bürokratie abzubauen.

Was genau kostet denn die gesamte Hartz-IV-Bürokratie? 

Insgesamt kostet Hartz IV die Steuerzahler derzeit rund 45 Milliarden Euro. Davon sind etwa fünf Milliarden Bürokratiekosten, also Verwaltungsausgaben für Personal, Technik oder Gebäude.

Wie viel davon könnte man einsparen? 

Das Einsparpotential auf der Leistungsseite ist ungleich größer als bei der Bürokratie, dennoch sind wir in der Verantwortung, die Verwaltungskosten möglichst niedrig zu halten. Die Koalition will diese Kosten ja beispielsweise senken, indem sie die Zahl der arbeitsmarktpolitischen Instrumente weiter reduziert und wirksamer gestaltet...

Gerechtigkeit durch Bürokratie

...sehr mutig war sie dabei noch nicht. 

Ich glaube, dass die Politik in diesem Jahr einen größeren Schritt machen wird. Ein überschaubarer Instrumentenkasten ist wichtig für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Derzeit gibt es beispielsweise sechs verschiedene Eingliederungszuschüsse, da würde einer reichen.

Die Klage über überbordende Bürokratie ist alt, dennoch tut sich wenig. Warum? 

Hierzulande herrscht ein sehr starkes Gerechtigkeitsgefühl. Im Ausland spricht man von den gerechtigkeitskranken Deutschen. Wenn wir die Welt so regeln wollen, wie der Deutsche sich das vorstellt, müssen wir – der Einzelfallgerechtigkeit geschuldet – viel Bürokratie in Kauf nehmen. Gerechtigkeitsgefühl und Bürokratie stehen in einem engen Zusammenhang. Wenn man eine schlanke Verwaltung will, muss man eine gewisse Ungerechtigkeit aushalten können. An dieser Stelle müsste auch die Bevölkerung ehrlicher sein: Die Abgeordneten stehen ja ständig unter Druck, Gesetze zu ändern, weil sie vom Wähler als ungerecht empfunden werden.

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