Bahnstreik Ran an das Streikrecht, Ampel!

Quelle: imago images

Auf das Streik-Frühjahr folgt der lange Sommer des Stillstands. Dagegen muss die Politik jetzt handeln. Ein Kommentar.

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Zweifellos würde von einer kräftigen Lohnerhöhung für Kontrolleure und Fahrdienstleiter ganz Deutschland profitieren. Schließlich sind Fahrgäste und grün denkende Unternehmen auf motiviertes Zugpersonal angewiesen.

Trotzdem rührt der erneute Bahnstreik am Freitag an die Grenzen der Verhältnismäßigkeit. Im Grunde ist die Eskalation durch den Streik über alle Maße verfrüht. Denn die Verhandlungen zwischen EVG und den Bahn-Unternehmen fanden kaum statt. Zudem ist das Angebot der Deutschen Bahn nicht so schlecht. Immerhin ist der Konzern bereit, die Löhne soweit zu erhöhen, wie es gerade bei Verdi im öffentlichen Dienst diskutiert wird. Da ließe sich bestimmt auch über manch einen Wunsch der EVG sprechen.

Doch wie schon Ende März stehen die Züge wieder still, vielerorts fahren keine Busse. Dazu lässt Verdi „zufälligerweise“ am gleichen Tag die Arbeit an drei Flughäfen ruhen. Und die Streiksaison ist noch lang nicht vorbei. Im Herbst wird auch die Lokführergewerkschaft GDL auf eine angemessene Bezahlung pochen – zurecht, klar. Doch sicherlich auch nicht ohne auf das Streikrecht zu verzichten. Auf das befürchtete Streik-Frühjahr folgt womöglich eine lange Sommersaison des Stillstands .

Und warum das alles? Weil es der Politik nicht gelingt, Rahmenbedingungen zu setzen, die stärker die Wünsche der Mehrheit berücksichtigen.

In gewisser Weise schimmert beim diesjährigen Tarifkonflikt ein Hauch von 2015 durch. Damals legten die beiden Gewerkschaften von EVG und GDL in einem Streit mit der Deutschen Bahn während eines ganzen Jahres immer wieder den Verkehr lahm. Als Folge davon konzipierte die Große Koalition das so undurchsichtige wie verschriene Tarifeinheitsgesetz. So sollten in einem Betrieb nicht mehrere Gewerkschaften streiken dürfen.

Die obersten deutschen und europäischen Gerichte erklärten das Vorhaben zwar mittlerweile für verfassungskonform, Anwendung findet das Gesetz aber wegen seiner Praktikabilität immer noch nicht. Zu sehr streiten die beiden Bahngewerkschaften GDL und EVG über deren Umsetzung.

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Vor einem solchen Wiederholungsszenario schreckt die Politik zurück – zu groß ist die Sorge vor einer unpopulären Entscheidung, allen voran bei der SPD. Doch die Streikrechte nicht näher zu definieren und die Bevölkerung dem Überlebenswillen der Gewerkschaften zu überlassen, wäre für die Allgemeinheit so schädlich wie unmotivierte Fahrdienstleiter. Nur Mut, Ampel! Es könnte sich lohnen.

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