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Elon Musk beim Besuch der Baustelle in Grünheide Quelle: REUTERS

Beamte fliegen nicht zum Mars

Beat Balzli
Beat Balzli Ehem. Chefredakteur WirtschaftsWoche Zur Kolumnen-Übersicht: Balzli direkt

Zu analog, zu langsam, zu unflexibel; die Schwächen des Staates sind hinlänglich bekannt. Über die Gründe wird viel diskutiert – nur über einen nicht.

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Das neue Papamobil heißt Tesla. Technologiepapst Elon Musk rollte damit diese Woche zum Ableger seines Imperiums in Grünheide. Allerdings läuft es dort nicht so, wie er will. Das Projekt geht langsam voran. Bislang gibt es nur vorläufige Genehmigungen. Dass er noch dieses Jahr den ersten Tesla made in Germany baut, bezweifeln so manche. Musk kennt die Schuldigen bereits. Es ist die deutsche Bürokratie. „Ich finde, es dürfte etwas weniger Bürokratie sein. Das wäre besser“, beklagte er sich öffentlich, „Vorschriften sind unsterblich. Je länger eine Gesellschaft besteht, desto mehr Vorschriften sammeln sich an.“

Da macht es sich der Gelegenheitskiffer und Mars-Visionär ein bisschen einfach. Wer einem Projekt spontan eine Batteriefabrik hinzufügt, darf sich nicht wundern, wenn jemand noch mal Fragen stellt. Das haben Rechtsstaaten so an sich. Dennoch trifft Musks Kritik Deutschlands wundesten Punkt. Der Staatsapparat und seine Verfahren sind nicht zukunftsfähig. Zu analog, zu langsam, zu unflexibel. Gerade die Coronakrise hat das noch mal deutlich gemacht. Was hat man nicht alles schon diskutiert, um diese Schwächen zu beheben. Die einen erzählen die Geschichte von kaputtgesparten Ämtern und fordern Unsummen für deren vermeintlich nötigen Wiederaufbau. Die anderen verwenden das Wort Bürokratieabbau derart inflationär, dass keiner mehr zuhört.

Nur über das verbeamtete Staatspersonal und dessen Anreizstrukturen verliert keiner ein Wort. Sie verdienen im Schnitt 48.000 Euro im Jahr und damit deutlich mehr als der Rest des Landes. Trotzdem kennen sie das Wort Kündigung nur von Freunden aus der freien Wirtschaft, und in die Rentenkassen zahlen sie exakt null Euro ein. Die Verpflichtungen für ihre Luxuspensionen drohen die öffentlichen Haushalte zu sprengen.

Warum also nicht ein Zeichen setzen und diesen alten Zopf – außer etwa bei Polizisten und Richtern – abschneiden? Warum keine modernen Anstellungsbedingungen bieten, die digitalaffine Leistungsträger anziehen und Veränderungsbereitschaft belohnen – und das Gegenteil sanktionieren?

Die Schweiz hat es gemacht und nicht bereut. Doch Deutschland ist nicht die Schweiz. Zu groß ist hier die Lobby der 1,7 Millionen Beamten, allein im Bundestag besitzt rund ein Viertel der Abgeordneten dieses Privileg. Bis die selbst ernannten Modernisierer bei FDP, CDU oder Grünen das wagen, dürfte Musk längst auf dem Mars gelandet sein – garantiert ohne Beamte als Mitreisende.

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