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Die Maskenaffäre zeigt: Es müssen mehr Unternehmer in die Politik, die mit Wirtschaftskompetenz die Allgemeinheit bereichern wollen – statt sich selbst. Quelle: dpa

Die Nation braucht Macher statt Mauschler

Beat Balzli
Beat Balzli Ehem. Chefredakteur WirtschaftsWoche Zur Kolumnen-Übersicht: Balzli direkt

Die Maskenaffäre zeigt: Es müssen mehr Unternehmer in die Politik, die mit Wirtschaftskompetenz die Allgemeinheit bereichern wollen – statt sich selbst.

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Die SPD müsste Millionäre eigentlich besonders schätzen. Dass erfolgreiche Unternehmer eine Bereicherung sind, gehört zu ihrem Gründungskult. August Bebel gilt als einer der Väter der deutschen Sozialdemokratie. Die Basis für sein Vermögen legt er mit der Herstellung von Tür- und Fensterklinken. Am Ende seines Lebens schafft er es gar zu einer Zehn-Zimmer-Villa mit Bootssteg am feinen Ufer des Zürichsees – und steht damit für alles, was seine Partei heute verabscheut.

Genau hier liegt das Problem. Großverdienertum und Dienst an der Allgemeinheit vertragen sich offenbar immer weniger. Die Maskenaffäre um skrupellose CDU-Schieber scheint das zu belegen. Zusammen mit den Grünen ruft die SPD besonders laut nach Konsequenzen und treibt die Union vor sich her. Eine härtere Regulierung hat den gläsernen Parlamentarier zum Ziel. Egal, ob Firmenbeteiligungen oder Aktienoptionen, bald kommt vielleicht alles auf den Tisch.

Das ist gut so. Bundestagsabgeordnete sind zumindest in der Theorie ihren Wählern am nächsten und nicht sich selbst. Doch ein großes Missverständnis fällt in der aktuellen Aufregung unter den Tisch. Denn nicht alle, die wissen, wie man viel Geld verdient, sind schlecht für die Politik. Das gilt nur für diejenigen, in deren Bilanz das politische Mandat als einziger Aktivposten steht. Es sind solch simple Bundestagsabgeordnete wie Georg Nüßlein und Nikolas Löbel, die in Pandemiezeiten ihre Stellung als Volksvertreter missbrauchen. Krisengewinner halt.

Wahre Familienunternehmer hingegen gehen in die Politik, um nicht sich selbst, sondern die Allgemeinheit zu bereichern. Sie wissen, was in der Wirtschaftspraxis geht, was nicht geht und warum man immer an die nächste Generation denken muss. Sie stemmen sich gegen Bürokratie-, Steuer- und Schuldenwahnsinn – und verstehen, dass Umverteilung die Entstehung eines Bruttosozialprodukts voraussetzt. Sie handeln als Überzeugungstäter.

Selbstverständlich haben längst nicht alle Unternehmer das Zeug zum Heiligen. Und die Auffassung, dass solche Leute die Demokratie wie eine Firma führen sollten, stirbt zum Glück aus. Aber ein Parlament kann und darf auf diese Wirtschaftskompetenz nicht verzichten. Schon heute gibt es viel zu wenige von ihnen. Der Bundestag braucht Macher statt Maskenmauschler. Er braucht authentische Fabrikanten statt halbseidene Rechtsanwälte und Berater. Die Bootsstege sollten wir ihnen gönnen. Ihr Bau dient nebenbei einem guten Zweck – dem Volkseinkommen.

Mehr zum Thema: Transparency-International-Chef Hartmut Bäumer kritisiert im Interview die Maskenaffäre als dreist und demokratiegefährdend, fordert eine Reform des Lobbyregisters und erhebt schwere Vorwürfe gegen die CDU.

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