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Was bekommen die Wähler, wenn sie für Scholz stimmen? Quelle: dpa

Die SPD wirkt wie der Wolf im Scholzpelz

Beat Balzli
Beat Balzli Ehem. Chefredakteur WirtschaftsWoche Zur Kolumnen-Übersicht: Balzli direkt

Die CDU und ihr Kanzlerkandidat geben ein schlechtes Bild ab. Doch die Wählerschaft weiß wenigstens, was sie bekommt – im Gegensatz zur Konkurrenz.

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Keiner kann behaupten, die SPD sei fortschrittsfeindlich. „Es ist Montagmorgen und was soll ich Euch sagen: Die Schlummertaste ist die schönste von allen!“, feiert Co-Parteichefin Saskia Esken auf Twitter die moderne Unterhaltungselektronik. Schöner lässt sich übrigens auch ihr verschlafener Kontakt zur arbeitenden Basis nicht beschreiben.

Womit wir beim Erfolgsgeheimnis von Olaf Scholz wären, dem Scholzomaten, der weder vor Flutopfern lacht noch Bücher schreibt, der eigentlich gar nichts macht. Seinen Wahlkampf führt er wie ein Verlobter, der seine künftigen Schwiegereltern beeindrucken will. Kurz vor ihrem Besuch räumt er alles weg, was die braven Bürger erschrecken könnte – mal abgesehen von der Vermögensteuer. Und so darf die irrlichternde Esken fast nur auf Twitter stattfinden, obwohl sie bei der nächsten Präsidiumswahl wieder antreten will und ihre Entourage bei einem Wahlsieg in der Regierung mitreden dürfte. Ähnlich diszipliniert wird Enfant horrible Kevin Kühnert von der breiten Öffentlichkeit ferngehalten. Auf den erneuten Aufruf zur Verstaatlichung von BMW warten alle vergeblich.

Die SPD versucht als eine Art Wolf im Scholzpelz das Kanzleramt zu knacken. Bislang scheint die Rechnung aufzugehen. Dabei schaut sich offenbar keiner die Performance des charismafreien Finanzministers genauer an, der etwa wider besseres Wissens in Zeiten demografischer Verwerfungen ein stabiles Renteneintrittsalter verspricht.

Das rote Wunder wäre undenkbar ohne das Zutun der Konkurrenz. Die Grünen arbeiten zwar nach demselben Prinzip und halten den linken Flügel mit dem Versprechen still, nach der Machtübernahme loslegen zu dürfen. Doch die Entzauberung der blendenden Annalena Baerbock ist total. Selbst die versprochene Milliardenförderung für Lastenfahrräder kann das verlorene Vertrauen nicht zurückkaufen. Der grüne (Ab)gesangsverein aus dem neuen Wahlspot macht es noch schlimmer.

Überbieten kann das nur CDU-Kandidat Armin Laschet, Scholz“ bester Wahlhelfer. Bei ihm gab es nie etwas zu entzaubern, geschweige denn zu besingen. Pleiten, Pech und Pannen begleiten den NRW-Ministerpräsidenten. Am Ende bleibt der Union ihre Wirtschaftsfreundlichkeit als einziger Trumpf. Mit ihr gibt es keine weggesperrten, marktfernen Gespenster, die nach der Wahl aus dem Giftschrank springen. What you see is what you get. Das muss reichen. Sonst droht der Schlummermodus.

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