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Außerirdische haben die Vernunft entführt

Beat Balzli
Beat Balzli Ehem. Chefredakteur WirtschaftsWoche Zur Kolumnen-Übersicht: Balzli direkt

Mit massiven Eingriffen will der Staat Unternehmer vor der Rezession und den Firmenjägern schützen. Doch mehr Freiheit wäre günstiger und effektiver.

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Davon hätten die Aluhüte nie zu träumen gewagt. Sie bestimmen neuerdings die Tagespolitik. Zumindest ein bisschen. Im Windschatten der Shutdown-Kritiker protestieren sie gegen Angela Merkel, Bill Gates und Co. Ein Komplott aus Milliardären und Magistraten hat ihnen angeblich die Pandemie gebracht und die Freiheit genommen. Keine Theorie ist für sie verstrahlt genug, um nicht als Erklärung für die Weltverschwörung herhalten zu können. Erstaunlicherweise fehlt die Variante, dass Außerirdische die menschliche Vernunft entführt haben. Diese Theorie würde nicht nur auf die Protestler passen – sondern auch noch auf manchen Politiker.

Nein, hier ist nicht Armin Laschet gemeint. Deutschlands kleinster gemeinsamer Politiknenner verstolpert zwar gerade seine Chance aufs Kanzleramt. Seine im Grunde richtige Lockerungsmission krankt an Fehlern im Detail und im Marketing. Aber die realen Auswirkungen beschränken sich auf NRW. Viel breiter wirkt der wirtschaftspolitische Spirit in der Bundesregierung. Allen voran feiert Wirtschaftsminister Peter Altmaier ein Comeback in Gestalt des wohlwollenden Industriepolitikers. Dass er am Hightech-Standort Deutschland eine simple Atemschutzmaskenproduktion fördern will, statt eine schlaue Bevorratung zu organisieren, lässt sich noch mit der Coronahysterie entschuldigen. Hingegen entspricht das Vorhaben, deutsche Unternehmen vor feindlichen Übernahmen aus dem Ausland zu schützen, einer fatalen Abschottungspolitik – zumal die Angriffe aus China bereits vor der Coronakrise massiv abgenommen hatten.

Die Globalisierung ist mehr denn je die Lösung für die kommende Rezession und nicht die De-Globalisierung, nach der sich viele sehnen. Dazu gehört zwingend die Freiheit für grenzüberschreitende Investitionen, die nun mal nach anderen Gesetzen funktioniert als der Einkauf im Hofladen von nebenan.

von Malte Fischer, Bert Losse

Altmaier und Co. setzen in ihren Rettungsfantasien noch viel zu sehr auf teure Konjunkturprogramme, sinnlose Autokaufprämien und staatliche Eingriffe. Dabei wäre es viel günstiger und effektiver, der Wirtschaft mehr Freiheit einzuräumen. Wann, wenn nicht jetzt ist die Zeit für ein Bürokratie- und Regulierungsmoratorium gekommen, das den Unternehmern die nötige Luft für den Wiederaufbau verschafft. Deutschland braucht ein Wirtschaftswunder.

Elvis Presley lebt – Ludwig Erhard hoffentlich auch.

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