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Militärhubschrauber mit taiwanesischer Flagge über Taipeh: Taiwan baut bessere Beziehungen zu den USA, Australien, Japan und weiteren europäischen Ländern wie Litauen, Polen und Tschechien. China gefällt das nicht. Quelle: dpa

Litauen geht uns alle an – auch Olaf Scholz

Beat Balzli
Beat Balzli Ehem. Chefredakteur WirtschaftsWoche Zur Kolumnen-Übersicht: Balzli direkt

Der Handelskrieg gegen die Balten zeigt, dass Peking Europa nicht ernst nimmt. Da helfen keine Olympiaboykotte, sondern nur geschlossene Reihen.

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Die Chinesen haben das Schwarzpulver erfunden, nicht das Florett. Rustikale Machtdemonstrationen gehören zu ihren Kernkompetenzen. Abtrünnige, Minderheiten oder Kritiker werden von den kommunistischen Kadern auf Linie gebracht oder vernichtet. Die Brachialpolitik galt lange als einzig wirksames Mittel, um das immense Reich zusammenzuhalten. Doch im Zuge des Seidenstraßenimperialismus gehen die Methoden längst in den Export.

Das bekommt jetzt der Kleinstaat Litauen mit Wucht zu spüren. Seit die Balten aus dem sino-osteuropäischen 17+1-Dialog ausgestiegen sind und eine taiwanesische Vertretung beherbergen, kennt China keine Gnade. Im Namen der Ein-China-Politik scheint alles erlaubt, auch das Löschen eines Landes aus dem Außenhandel. China solle Litauen wie eine „Fliege zerquetschen, ohne dass wir uns die Finger schmutzig machen oder einen Fleck an der Wand hinterlassen“, fordert eine Parteizeitung. Litauen will nun ein starkes Signal aus Brüssel.

Seit Jahren schauen alle weg, wenn Peking die Europäische Union zu unterwandern versucht. Man stelle sich vor, Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen würde chinesische Provinzen auf die europäische Agenda einschwören. Umgekehrt gehört das seit Jahren zur Routine. Egal, ob Ungarn, Griechenland oder 15 weitere Staaten, im 17+1-Format wird Präsident Xi gehuldigt.

Immerhin gibt es neben Litauens Ausstieg kleine Lichtblicke. Der italienische Ministerpräsident Mario Draghi hat die Seidenstraßenprojekte kürzlich auf Eis gelegt. Die EU-Sanktionen gegen chinesische Staatsvertreter wegen der Unterdrückung der Uiguren wurden um ein Jahr verlängert. Und die Kommission will im Alleingang Sanktionen verhängen können, was allerdings am Veto von manchem EU-Mitglied scheitern könnte.



Es braucht also dringend weitere Schritte hin zu mehr Geschlossenheit und Souveränität. Der Einsatz von Außenministerin Annalena Baerbock für den Olympiaboykott ist Effekthascherei. Stattdessen muss China nach dem Vorbild der Amerikaner glaubhaft vermittelt werden, den Zugang zu weiten Teilen des Binnenmarkts zu riskieren. Nur dann besteht eine Chance, über Themen wie Reziprozität, Taiwan oder Menschenrechte auf Augenhöhe zu sprechen, ohne gleich das Chinageschäft europäischer Konzerne zu gefährden. Kanzler Olaf Scholz sollte das beherzigen, statt hinter dem Rücken der Koalitionäre Peking zu besänftigen. Sonst hängen am Ende alle an Xis Fliegenfänger.

Mehr zum Thema: SPD, Grüne und FDP haben sich im Koalitionsvertrag auf eine härtere Linie gegenüber China geeinigt. Der neue Bundeskanzler Olaf Scholz hat unterschrieben – verfolgt aber seinen eigenen Ansatz.

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