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Quelle: dpa

Mit einem unglaubwürdigen Wirtschaftsminister will keiner spielen

Beat Balzli
Beat Balzli Ehem. Chefredakteur WirtschaftsWoche Zur Kolumnen-Übersicht: Balzli direkt

Das wachsende Misstrauen gegenüber dem Wirtschaftsminister ist fatal. Für die Umsetzung der Energiewende braucht er alle, nicht nur die Grünen. Eine Kolumne.

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Selbst harmlose Worte können Waffen sein. Flapsige Bemerkungen verwandeln sich in linguistische Messer – und verletzen mitunter den Absender selbst. Kinderbuchautor und Wirtschaftsminister Robert Habeck müsste das am besten wissen. Dass ihm die Nation regelmäßig beim Denken zuhören darf, gilt inzwischen als eines seiner größten Handicaps.

Zuerst philosophierte er in einer Talkshow über Kleinunternehmer. Die seien ohne Umsatz „nicht automatisch“ insolvent, was im Falle ausreichender Cashreserven faktisch zwar richtig, aber maximal ungeschickt ausgedrückt war. Jetzt hofft er auf „ein bisschen Glück beim Wetter“, damit Deutschland durch den Winter kommt. In der größten Energiekrise seit 50 Jahren wirkt der Minister wie ein Gelegenheitswanderer, der seine Pelerine vergessen hat und auf die Milde des Regengotts hofft.

Die Verwandlung vom Superstar zum Buhmann schreitet atemberaubend schnell voran, und ein Ende ist vorerst nicht in Sicht. Habecks verbale Ausrutscher liefern nur die Begleitmusik für die öffentliche Demontage. Viel schwerer wiegen seine handwerklichen Fehler und vor allem sein Festhalten an der Parteilinie – trotz aller krisenbedingter Zwänge.

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Die schlecht gemachte Gasumlage wackelt nun im Zuge der Uniper-Verstaatlichung endgültig. Und die Ablehnung der Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke sowie die Befristung der Betriebserlaubnis für Kohlekraftwerke auf wenige Monate treibt Ökonomen in den Wahnsinn. Wer kappt das Angebot, wenn der Preis eh schon durch die Decke geht? Niemand – außer Habeck.

Die ersten Rücktrittsforderungen sind zwar lächerliches Oppositionsgeplänkel. Aber dass der Wirtschaftsminister mitten in der Krise der grünen Basis und seinen Landtagswahlkämpfern in Hannover den Vorrang vor den Nöten der Republik gibt, dürfte ihm und seiner Partei am Ende am meisten schaden. Denn beide brauchen die breite Bevölkerung noch. Das Jahrhundertprojekt der Energiewende, dessen Komplexität alles bisher Dagewesene in den Schatten stellt, ist überfällig und ohne die Unterstützung aller Deutschen nicht umzusetzen. „Die einen können immer nur Grand, von oben herab“, beschrieb Habeck einst seine Taktik auf dem Weg zur Klimaneutralität, „die anderen gehen über die Dörfer, buchstäblich, sammeln erst die Karten ein und dann am Ende holt man den Erfolg rein.“ Mit einem unglaubwürdigen Klima- und Wirtschaftsminister will keiner spielen. Auch bei schönem Wetter nicht.

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