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Quelle: dpa

Verprasst Eure Reserven, der Staat zahlt ja

Beat Balzli
Beat Balzli Ehem. Chefredakteur WirtschaftsWoche Zur Kolumnen-Übersicht: Balzli direkt

Ein Entlastungspaket jagt das nächste. Oft regiert das Prinzip Gießkanne. Das ist mutlos, verschwenderisch – und untergräbt die Eigenverantwortung.

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Die Schwanzprämie illustriert die ganze Problematik. In Süddeutschland und der Schweiz wurden die Mäuseplagen einst gerne mit Geld bekämpft. Für jede erlegte Maus zahlte die Kommune eine Prämie – gegen Vorlage des Schwanzes. Doch nicht immer sorgte die Maßnahme für die gewünschten Ergebnisse. Mancher soll extra Mäuse gezüchtet haben, um möglichst viele Schwänze abliefern zu können.

Dass der Staat mitunter falsche Anreize setzt, ist also kein neues Phänomen. Das aktuelle Ausmaß allerdings schon. Seit Ausbruch der Pandemie jagt ein Hilfspaket das nächste. Und die Entschädigungen für Coronatestzentren sind die neue Schwanzprämie. Geld gibt es auch für Fake-Tests.

Mit der Inflation und speziell den explodierenden Gas- und Strompreisen lebt diese großzügige Ausgabepraxis weiter. Täglich werden die Forderungen nach mehr Entlastung lauter. Die breiten Schultern sollen dafür endlich mehr tragen. Der Verteilungskampf eskaliert – obwohl die obersten 10 Prozent der Einkommenshierarchie schon für über 50 Prozent der Steuereinnahmen sorgen und ein Drittel der Wirtschaftsleistung für Soziales ausgegeben wird.

Immerhin in dieser Disziplin ist Deutschland Weltspitze.

Die ersten beiden Entlastungspakete

Kanzler Olaf Scholz hat verstanden. Bei der Jagd auf die Reichen macht er nicht aktiv mit, aber auch er verfällt in den Vollkasko-Modus. „You’ll never walk alone“, lautet seine neue Botschaft an die Bürgerinnen und Bürger. Vielleicht hat Scholz sich den Song nicht bis zum Ende angehört. Er ist das Finale aus einem Broadway-Musical und handelt davon, vertrauensvoll in die Zukunft zu blicken. Er handelt nicht davon, dauernd auf den Beistand des Staates zu hoffen.

Womit wir wieder bei den falschen Anreizen wären. Dabei geht es nicht nur um die Abzocke von öffentlichen Mitteln im Stil der Schwanzprämien, sondern die Botschaft der Regierung. Sie untergräbt das Prinzip Eigenverantwortung und den Glauben an eine effiziente Verwendung der Steuermittel – weil das Nanny-Prinzip das Notarzt-Prinzip ablöst.

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Das zeigt sich nicht nur im beinahe bedingungslosen Bürgergeld. Pünktlich zur Gasumlage erhalten alle Erwerbstätigen eine steuerpflichtige Energiepauschale von 300 Euro. Getrieben von einer diffusen Gelbwesten-Panik, wirkt diese Maßnahme weder zielgerichtet noch sinnvoll. Für wirklich Bedürftige sind 300 Euro viel zu wenig. Der Rest nimmt das Geld einfach mit – inklusive einer fatalen Erkenntnis: Verprasse deine Notreserven, you’ll never pay alone.

Lesen Sie auch: Wirtschaftsweise Veronika Grimm über das Entlastungspaket: „Man sollte nicht mit der Gießkanne entlasten“

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