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Der Shitennoji Tempel in Osaka ist einer der ersten buddhistischen Tempel Japans und wurde zu großen Teilen von Kongo Gumi erbaut. Quelle: REUTERS

Von der Tragik des japanischen Tempelbauers

Beat Balzli
Beat Balzli Ehem. Chefredakteur WirtschaftsWoche Zur Kolumnen-Übersicht: Balzli direkt

Viele Firmen schaffen es, ihre Märkte seit Dekaden zu beherrschen. Damit das so bleibt, brauchen sie eine Regierung, die sie versteht. Aber nicht nur.

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Kongo Gumi ist unerreicht. Die Geschichte dieser Baufirma beginnt im Jahr 578. Das schafft so keiner auf dieser Welt. Der reisende Schreiner Shigemitsu Kongo kam damals aus dem koreanischen Königreich Paekche übers Meer nach Japan. Er baute in Osaka einen ersten Tempel, der im Laufe der Jahre immer wieder durch Krieg, Feuer oder Taifune zerstört – und jedes Mal von den Kongos wieder aufgebaut wurde. 40 Generationen haben das Unternehmen seither weitergeführt. „Wir haben uns immer auf unser Kerngeschäft konzentriert und nie Golfplätze oder so gebaut“, erzählte der Geschäftsführer Masakazu Kongo vor Jahren einer Zeitung.

Deutschland kennt zumindest ähnlich beeindruckende Geschichten. Eines der ältesten Unternehmen der Welt, das 862 gegründete Weingut Staffelter Hof an der Mosel, hat hier seinen Sitz. Und in kaum einem anderen Land gibt es so viele Weltmarktführer, die seit Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten ihre Märkte beherrschen und sich zum Teil seit Generationen in Familienhand befinden.

Immer drängender stellt sich allerdings die Frage, ob das auch so bleiben wird. Unternehmer und Ökonomen warnen vor dem Abstieg des Standortes. Nach dem Ende der Ära Merkel beklagen sie den Digitalisierungsnotstand, die Überregulierung und die hohen Steuern. Inzwischen ist die Republik im internationalen Wettbewerbsranking auf Platz 15 abgerutscht, 1989 lag man noch auf Platz 5. Die neue Regierung sollte also die Klagen ernst nehmen. Investitionen in den Standort und die Schaffung unternehmerfreundlicher Rahmenbedingungen sind keine Reichengeschenke, sondern das Fundament des künftigen Wohlstandes von allen.

Wir von der WirtschaftsWoche wollen uns auch in den nächsten 95 Jahren dafür einsetzen und als ordnungspolitisches Gewissen fungieren, ohne zu vergessen, dass es für nachhaltigen Erfolg mehr braucht. Tradition ist nichts ohne Innovation und Leidenschaft. Das zeigt auch das Beispiel der Kongos. Weil Spiritualität in Japan an Bedeutung verlor, ging ihr Umsatz zurück. Sie wollten als „Gucci für Tempel“ überleben, sagte ihr letzter Chef. Aber sich dafür neu erfinden wollten sie nicht. Die Familiengeschichte belastete und lähmte sie. 2005 kam das Ende für den Kern der Firma.

Success Week: Die WirtschaftsWoche feiert 95. Geburtstag und ist damit in bester Gesellschaft. Zahlreiche Unternehmen auf der ganzen Welt zeigen, wie nachhaltiger Erfolg funktioniert. Unser Themenspezial beleuchtet ihre Strategien und Ideen für die Zukunft.

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