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Die SPD ist wie ein alter Hometrainer

Beat Balzli
Beat Balzli Ehem. Chefredakteur WirtschaftsWoche Zur Kolumnen-Übersicht: Balzli direkt

Wäre die SPD eine Firma, müsste sie Insolvenz anmelden. Ihre besten Erfindungen haben alle kopiert. Das Restsortiment verkaufen andere auch – aber besser.

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Der Friedhof ist voll mit einst erfolgreichen Innovatoren. Sie liegen dort zuhauf, obwohl ihr Untergang als undenkbar galt. Waren sie nicht eigentlich genial gewesen? Hatten sie nicht zur richtigen Zeit das richtige Produkt? Kopierten sie nicht alle?

Wäre die SPD eine Firma, sie würde bald die letzte Reise dorthin antreten. Unter der neuen Führung von Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken dürfte sich die Suche nach der Grabstelle noch beschleunigen.

Die neben Kettler wäre noch frei und würde gut passen. Denn die jüngste Pleite einer deutschen Wirtschaftsikone ist das Ende einer Geschichte, an deren Anfang ein genialer Unternehmer stand. Der brachte einst den Hometrainer und das leichte Alu-Rad auf den Markt. Noch heute lebt der Geist von Kettler. Nie zuvor fuhren so viele Menschen leichte Fahrräder und trainierten auf Fitnessgeräten – nur das Geschäft damit machen inzwischen andere.

Der SPD dürfte es ähnlich ergehen. Was die Partei einst ausmachte und als exklusives Produkt an ihre Wähler verkaufte, gehört im politischen Repertoire Deutschlands längst zum Standard. Die Domestizierung des Kapitalismus und die Sensibilität für die Abgehängten führen alle Konkurrenten auf den Fahnen. Für einen Unique Selling Point reicht es nicht mehr.

Das sozialdemokratische Zeitalter ist zu Ende, nur die Sozialdemokraten wollen das nicht wahrhaben. Obwohl auch ihre europäischen Genossen allesamt auf dem Rückzug sind, glaubt die SPD an die alten Rezepte. Und so produziert ein von den Jusos gekaperter Intrigantenstadl, in dem sich niemand die Führung alleine zutraut, munter weiter Produkte, für die es keine Kunden mehr gibt. Der Mindestlohn ist das beste Beispiel. Er gilt zu Recht als SPD-Erfolg, nur hat er sich nicht für die Partei ausgezahlt. Menschen, die darauf angewiesen sind, wählen die Linke, die AfD oder gar niemanden. Das klassische SPD-Milieu verdient dagegen längst viel mehr.

Trotzdem postuliert die neue Führung eine Verschärfung des Linkskurses und setzt damit auf Me-too-Produkte. Juso-Chef Kevin Kühnert spielt dabei die Rolle des Disruptors – mit Ideen aus der sozialistischen Mottenkiste. Das ist ungefähr so innovativ, als würde Tesla-Chef Elon Musk die Autoindustrie mit Kutschen herausfordern.

Kettler wollte übrigens vor der Insolvenz mit Schülerschreibtischen, Proteindrinks und billigen Trainingsgeräten die Wende schaffen. Doch das konnten andere besser. Me too als Sargnagel.

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