Bayerns Innenminister Herrmann Der Hoffnungsträger der CSU

Längst gilt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann als Anwärter für den CSU-Parteivorsitz. Der Jurist wird im Freistaat ebenso wie in Berlin geschätzt. Herrmann selbst hingegen schweigt zu möglichen Karriereplänen.

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Der bayerische Innenminister gilt als möglicher Nachfolger für Ministerpräsident Horst Seehofer. Quelle: dpa

München Waren in den vergangenen Jahren prominente auswärtige Gäste wie Bundeskanzlerin Angela Merkel oder Ex-EZB-Präsident Jean-Claude Trichet die Hingucker der jährlichen Klausurtagung der CSU-Landesgruppe, so kam der Star dieses Jahr nach Ansicht von Teilnehmern aus den Reihen der eigenen Partei: Bayerns Innenminister Joachim Herrmann. Einige handeln den 60-Jährigen bereits als möglichen Bundesinnenminister nach der Parlamentswahl im Herbst und sogar als künftigen CSU-Chef.

Angesichts der Serie von Anschlägen seit dem vergangenen Jahr in Deutschland setzt die CSU darauf, dass die öffentliche Sicherheit neben der Flüchtlingspolitik das entscheidende Thema des Wahlkampfs wird. Beide Themen beansprucht die Partei mit dem starken rechtskonservativen Flügel als Markenzeichen.

Herrmann, der als Minister seit fast zehn Jahren für Verbrechensbekämpfung verantwortlich ist, lieferte den Abgeordneten bei der Tagung im oberbayerischen Seeon zentrale Wahlkampf-Botschaften: mehr Polizei, mehr Grenzschutz, mehr Datenaustausch zwischen Bund, Ländern und EU - nur ein starker Staat gebe den Bürgern Sicherheit. Vorbild sei das CSU-regierte Bayern, verkündete der hochgewachsene, korpulente Franke mit seiner tiefen Bass-Stimme nach Teilnehmerangaben und erntete dafür großen Applaus.

Tatsächlich glänzt der Freistaat seit Jahren bundesweit mit niedrigen Kriminalitäts- und hohen Aufklärungsquoten. Der Jurist Herrmann schreibt das den gut ausgestatteten Sicherheitsbehörden zu, die sich das wohlhabende Land leistet und die weiter ausgebaut werden sollen.

Dass ausgerechnet Bayern im vergangenen Jahr von einer beispiellosen Reihe von Anschlägen und Amokläufen erschüttert wurde, hat dem Ansehen des Innenministers nicht geschadet. Im Gegenteil. Nach dem Amoklauf eines Jugendlichen in München und dem Selbstmordanschlag eines mutmaßlichen Islamisten in Ansbach reagierte Herrmann nach einhelliger Einschätzung aus der CSU rasch und umsichtig. Ermittlungspannen wie im Fall des Weihnachtsmarkt-Attentäters von Berlin wurden nicht bekannt.

„Nachweisbar ist Bayern das sicherste Land“, sagt die Chefin der CSU-Bundestagsabgeordneten, Gerda Hasselfeldt. „Deshalb hat auch der bayerische Innenminister in unseren Reihen ein hohes Ansehen.“ Solches Lob nach München ist in der selbstbewussten Berliner CSU-Landesgruppe nicht selbstverständlich. „Jeder Landesminister, der im Bund gut aufgenommen wird und dort Kontakte pflegt, ist ein Gewinn für Bayern“, freut sich Parteichef und Ministerpräsident Horst Seehofer. „Ich kann nicht jeden zu einem Gespräch mit Merkel mitnehmen. Aber den Herrmann schon.“

Präsidiumsmitglied Herrmann zählt damit zum kleinen Kreis der CSU-Spitzenpolitiker, die sowohl im Münchner als auch im Berliner Machtzentrum der Partei starken Rückhalt genießen. Bevor er Minister wurde, organisierte er als Fraktionschef die Mehrheiten für die Regierung in Bayern. Als die Partei vor knapp neun Jahren einen neuen Vorsitzenden suchte, galt er bereits als möglicher Kandidat, ließ dann aber Seehofer den Vortritt.


Seehofer sucht seinen Nachfolger

Nun sucht der 67-jährige Seehofer selbst einen Nachfolger. Der Oberbayer liebt es, Spekulationen anzuheizen, um die Frage bis zu einem ihm genehmen Zeitpunkt offen zu lassen. Bald könnte es so weit sein: Wenn ein geeigneter Kandidat gefunden sei, könne der noch vor der Bundestagswahl auf einem Sonderparteitag zum Vorsitzenden gewählt werden, verlautet aus der CSU-Spitze. Dem „Spiegel“ zufolge hat die Partei bereits vorsorglich eine Halle für den Kongress reserviert.

Als wichtiger Schachzug gilt in der CSU Seehofers Forderung, der künftige Vorsitzende müsse ein Amt in Berlin übernehmen, um die Interessen der bayerischen Regionalpartei besser im Bund zu vertreten. Ob als Minister oder als Nachfolger der scheidenden Landesgruppenchefin Hasselfeldt ließ Seehofer offen. Für eine derartige Rolle empfahl sich Herrmann nun vor den CSU-Bundespolitikern - freilich ohne Ambitionen zu äußern. „An Personaldiskussionen beteilige ich mich nicht“, lautet Herrmanns regelmäßige Antwort auf Fragen nach möglichen Karriereplänen.

Setzt sich Seehofer mit der Forderung nach einem künftigen Parteichef in Berlin durch, könnte er seinen Vorstandskollegen und Finanzminister Markus Söder als Kandidaten ausmanövrieren. Söder, der sich selbst für höhere Weihen in Stellung gebracht hat und den mit Seehofer eine herzliche Abneigung verbindet, lehnt einen Wechsel nach Berlin ab. Er plädiert dafür, auch in der Zeit nach Seehofer den Parteivorsitz und das Amt des Regierungschefs in einer Hand zu halten. In der Landtagsfraktion hat Söder viele Anhänger. Der Landtag wird 2018 neu gewählt.

Doch wenn Herrmann Parteichef würde, könnte Söder nicht einmal mehr darauf zählen, dass ihn die CSU wenigstens zum Regierungschef kürt. Denn traditionell achten die CSU-Bezirksverbände auf einen ausgewogenen landsmannschaftlichen Proporz, bei dem der mitgliederstärkste Bezirk Oberbayern großes Gewicht hat. In dieser Logik hätte Söder einen entscheidenden Makel: Als Franke stammt er aus der gleichen Region wie Herrmann.

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