Begleiterscheinung der Flüchtlingswelle Immer mehr Kinderehen in Deutschland

Mit den Flüchtlingen kommen die Kinderbräute: Immer mehr Mädchen, viele jünger als 14 Jahre, kommen als verheiratet nach Deutschland. Die Ehemänner pochen auf Religionsfreiheit.

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Junge afghanische Bräute nehmen vollverschleiert mit Blumensträußen in den Händen an einer kollektiven Eheschließung am 15.10.2014 in Ghazni (Afghanistan) teil. Immer mehr Ehemänner bringen jetzt Ehefrauen unter 14 Jahren als Flüchtlinge jetzt nach Deutschland und pochen auf Religionsfreiheit. Quelle: dpa

Berlin Das Bundesinnenministerium fordert, dass im Ausland geschlossene Kinderehen in Deutschland untersagt werden. „Wir brauchen ein eindeutiges Verbot, Kinderehen aus dem Ausland in Deutschland fortzuführen. Kinderehen schaden Kindern immer“, sagte der parlamentarische Staatssekretär Ole Schröder (CDU) den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). Dafür dürfe es keine religiösen Rechtfertigungen geben.

Neu veröffentlichte Zahlen haben der Debatte um Kinderehen von Flüchtlingen in Deutschland Nahrung gegeben. Inzwischen leben fast 1500 verheiratete Kinder und Jugendliche in Deutschland. 361 von ihnen sind sogar jünger als 14 Jahre alt, wie aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Grünen hervorging. Die große Mehrheit der als „verheiratet“ registrierten Personen sind Mädchen.

Laut der Aufstellung des Innenministeriums, die der Nachrichtenagentur AFP vorlag, handelt es sich bei den meisten minderjährig Verheirateten um Syrer - hier waren 664 Fälle bekannt. Weitere Herkunftsstaaten waren Afghanistan (157 Fälle), Irak (100 Fälle), Bulgarien (65 Fälle), Polen (41 Fälle), Rumänien (33 Fälle) und Griechenland (32 Fälle).

Unter den minderjährig Verheirateten waren mit 1152 deutlich mehr Mädchen als Jungen. Nur 26 der registrierten Betroffenen haben den Angaben zufolge ein unbefristetes Aufenthaltsrecht in Deutschland.

Am Montag hatte erstmals eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu Kinderehen getagt, die noch in diesem Jahr ihre Ergebnisse vorlegen will. Die Arbeitsgruppe soll darüber diskutieren, inwiefern die Vorschriften zur Ehemündigkeit im deutschen Recht geändert werden sollen. Außerdem soll die konkrete Praxis der Anerkennung von Auslandsehen mit minderjährigen Partnern thematisiert werden. Dieses Problem hatte sich durch den Zuzug von Flüchtlingen verschärft.

In Deutschland sollen Ehen nicht vor der Volljährigkeit geschlossen werden. Ausnahmen sind möglich, wenn einer der Partner volljährig, der andere mindestens 16 Jahre alt ist. Komplizierter ist die Rechtslage beim Umgang mit im Ausland geschlossenen Ehen. Bisher werden Kinderehen in Deutschland dann nicht anerkannt, wenn ein Partner jünger als 14 Jahre ist. Bei Ehen, die mit 14-jährigen oder älteren Minderjährigen geschlossen wurden, haben die Gerichte einen Ermessensspielraum.

„Niemand darf zu einer Ehe gezwungen werden, erst recht keine Kinder“, erklärte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD). „Wir müssen alles tun, um Kinder und Jugendliche vor Missbrauch und Zwangsheirat besser zu schützen. Zwangsehen dürfen wir nicht dulden, sondern müssen entsprechende Schutzmechanismen für die Betroffenen noch umfänglicher in Gang setzen.“

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