
Nach einer Warnung vor gewaltbereiten Islamisten hat die Polizei in Bremen einen Verdächtigen festgenommen. Zudem seien mehrere Menschen in Gewahrsam, sagte ein Sprecher am Samstagabend. Mittlerweile wurden allerdings alle wieder freigelassen. Am Morgen hatte die Polizei mitgeteilt, dass eine erhöhte Gefahr durch Extremisten bestehe, und die Sicherheitsvorkehrungen in der Hansestadt massiv erhöht. Seit Freitagabend gebe es dazu Hinweise der Polizei, des Verfassungsschutzes sowie einer Bundesbehörde. Den Samstag über verstärkten die Beamten ihre Präsenz in der Bremer Innenstadt. Sie waren teils mit Maschinenpistolen ausgerüstet. Später wurde ein Islamisches Kulturzentrum und eine Wohnung durchsucht. Der Einsatz dauerte am Abend an. Ein Heimspiel des Fußball-Bundesligisten Werder Bremen am Sonntag soll trotzdem wie geplant stattfinden.
Einsatz gegen Terrorverdächtige: Islamisten-Szene verstärkt im Visier
Seit den Attentaten in Frankreich schauen sich auch die deutschen Sicherheitsbehörden die islamistische Szene besonders genau an. Die rund 260 „Gefährder“, denen Polizei und Geheimdienste grundsätzlich einen Terrorakt zutrauen, werden seitdem noch intensiver beobachtet. Schon in den Wochen vor den Anschlägen in Frankreich gab es aber eine Vielzahl von Durchsuchungen und Festnahmen: Beim Bundeskriminalamt (BKA) laufen bereits rund 500 Ermittlungsverfahren gegen etwa 800 Beschuldigte aus dem islamistischen Spektrum. Solche Aktionen bekommen nun eine größere Aufmerksamkeit. Aus Sicherheitskreisen ist aber auch zu hören, der Druck auf die Szene werde nach Paris erhöht. Mancher Zugriff werde wegen die aktuelle Lage vorgezogen, um die Szene zu stören und die Botschaft zu senden: Wir haben euch im Blick.
Deutschland ist seit langem im Visier von islamistischen Terroristen. Über Monate lautete die Sprachregelung, es gebe eine „abstrakt hohe“ Gefährdung, aber keine konkreten Hinweise auf Anschlagsplanungen. Auch kurz nach den Attentaten von Paris benutzte Innenminister Thomas de Maizière (CDU) noch diese Wendung. Der Zusatz, es gebe keine konkreten Hinweise, ist inzwischen aber nicht mehr zu hören. Der Grund: Seit Paris häufen sich auch die Drohungen gegen Deutschland. Die Behörden müssen in jedem einzelnen Fall prüfen, ob etwas dahinter steckt oder es sich nur um Wichtigtuerei handelt. „Die Lage ist ernst, es besteht Grund zur Sorge und Vorsorge, jedoch nicht zu Panik und Alarmismus“, sagt de Maizière inzwischen. Doch auch er räumt ein, dass ein Anschlag in Deutschland nicht komplett auszuschließen sei. Große Angst gibt es vor möglichen Einzeltätern, die zuvor überhaupt nicht aufgefallen sind.
In Frankreich gilt seit dem Pariser Anschlag die höchste Terrorwarnstufe. Soldaten sind vor Schulen und auf öffentlichen Plätzen postiert. Die belgischen Behörden riefen nach dem tödlichen Anti-Terror-Einsatz die zweithöchste Alarmstufe aus. Polizeiwachen wurden verbarrikadiert, jüdische Schulen vorerst geschlossen. Solche Warnstufen hat Deutschland nicht. Bislang gibt es hier auch nur wenige sichtbare Sicherheitsvorkehrungen wie ein wenig mehr Polizei an einigen Stellen, zum Beispiel rund um bestimmte Medienhäuser. Auf eine deutliche Verstärkung der Polizeipräsenz in der Öffentlichkeit verzichten Bund und Länder bislang. Hinter den Kulissen sind Polizei und Geheimdienste aber verstärkt im Einsatz: „Die deutschen Sicherheitsbehörden unternehmen alles, um die Bevölkerung wirksam zu schützen“, betont de Maizière. Aber es sei doch auch klar, dass man nicht jede Maßnahme sehe oder offen darüber spreche.
Die Regierung findet ein starres und grobes Raster nicht geeignet, um die Sicherheitslage vernünftig zu beschreiben. Schließlich könne sich die Situation je nach Region unterschiedlich gestalten, sogar innerhalb einer Stadt, lautet die Argumentation des Innenressorts. Der Vielschichtigkeit von Bedrohungen werde das nicht gerecht.
Von den Menschen, die in Gewahrsam genommen wurden, drohe Gefahr, hieß es. Der vorläufig Festgenommene stehe unter Verdacht, eine Straftat begangen zu haben. „Das sind auf jeden Fall Leute, die mit der Gefährdungslage durch islamistische Gewalttäter in Bremen zu tun haben“, sagte der Polizeisprecher. Mehrere Menschen seien außerdem überprüft worden. Genauere Details wurden zunächst nicht bekannt. Die Polizei legte nach eigenen Angaben am Samstag „ein Sicherheitsnetz über die Bremer Innenstadt“. Rund um die Bürgerschaft, das Rathaus und den Dom waren Polizeibusse zu sehen. Auch der Schutz für die jüdische Gemeinde sei „präventiv“ erhöht worden, teilte die Polizei mit. Es würden alle relevanten Gebäude in der Stadt geschützt. Bremen gilt als eine Hochburg radikaler Islamisten. Zuletzt wurden nach Angaben von Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) rund 360 Salafisten vom Verfassungsschutz beobachtet.
Erst Mitte Februar hatte eine Terrorwarnung zur kurzfristigen Absage des Karnevalsumzugs in Braunschweig geführt. Im Januar waren in Dresden eine Pegida-Demonstration und alle weiteren Kundgebungen am gleichen Tag aus Sicherheitsgründen verboten worden. Am Freitagabend hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) bei einer Diskussion in Braunschweig betont, dass ein Anschlag in Deutschland „nicht total auszuschließen“ sei. Das ZDF berichtete, dass die Gefährdung in Bremen in Zusammenhang mit Schusswaffen stehen soll. Die Bremer Polizei machte dazu zunächst keine Angaben.
Ein Basketballspiel in der Bremer ÖVB-Arena zwischen den Bundesligisten Eisbären Bremerhaven und den EWE Baskets Oldenburg fand am Samstagabend wie geplant statt. Auch das Fußballbundesliga-Nordduell zwischen Werder Bremen und dem VfL Wolfsburg am Sonntag soll nicht ausfallen. „Derzeit ist nicht an eine Absage gedacht“, sagte Werder-Geschäftsführer Thomas Eichin. Der Verein halte Kontakt zum Einsatzlagezentrum der Polizei. Zum Nord-Duell werden mehr als 40 000 Besucher im Weserstadion erwartet.