
Deutschlands Blick auf die Panama Papers war seltsam gespalten. Sicher, diese Enthüllungen über deutsch organisierte Steuersparmodelle im Ausland waren unerquicklich. Aber zeigten sie nicht auch, dass hierzulande eben Steuerbehörden und Steuermoral gut funktionieren, man also bei den Steuern im wahrsten Sinne keine Bananenrepublik ist?
Beim Blick auf die Erbschaftsteuer überkommen einen Zweifel. Die Deutschen werden, nach langem Frieden und regem Ansparen, bald zu den Erb-Weltmeistern gehören. Allein in den kommenden zehn Jahren dürften bei uns mehr als drei Billionen Euro vererbt werden.
Nur: Der Staat hat davon so gut wie nichts, er kann auf magere fünf Milliarden Euro Einnahmen jedes Jahr bauen, sogar die Tabaksteuer fällt etwa dreimal so hoch aus. Selbst urkapitalistische Länder wie die USA greifen weit beherzter ins letzte Hemd.





Dennoch sträuben sich deutsche Großerben gegen höhere Steuern fast so entschlossen wie die Regierung Panamas gegen mehr Transparenz in ihrer Steuersparoase. Auch deswegen tobt immer noch der Streit um die Reform der Erbschaftsteuer, nötig geworden durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die pauschale Besserstellung von Unternehmenserben als verfassungswidrig kritisierte.
Frist für klare Regelungen ist verstrichen
Ende Februar schienen sich die Unterhändler von Union und SPD endlich geeinigt zu haben, bis sich CSU-Chef Horst Seehofer zum Rächer bayrischer Enterbter aufschwang und weitere Zugeständnisse insbesondere für Familienunternehmer verlangte. Seither versinkt die Diskussion erneut im Chaos. Die Mittelstandsvereinigung der Konservativen lancierte trotzig einen Vorschlag, Unternehmenserben sollten zehn Jahre lang nur drei Prozent des Gewinns als Erbschaftsteuer abführen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin konterte mit der Idee, Vergünstigungen zu streichen und eine einheitliche Steuer von 15 Prozent für Unternehmenserben zu verlangen.
Eigentlich wollten die Richter dem Ringen ein klares Ende setzen, ihre Frist verstreicht Ende Juni. Doch ein Gerichtssprecher stellte mittlerweile klar, dass danach die Regelungen erst einmal weiter gelten. Das ganze Gesetz zu Fall bringen wollten die Karlsruher Weisen offenbar nicht, für sie sind ja nur die (zu) großzügigen Regelungen für Unternehmenserben nicht im Geiste der Verfassung.
Bei Klagen könnten Richter schärfer urteilen
Mehr Zeit zum Zoffen also. Die SPD will den gefundenen Kompromiss nicht nachbessern, die CSU unbedingt weitere Erleichterungen durchboxen. Aber Seehofers Blatt ist schwächer. Zwar würde nach dem Stichtag Ende Juni das Gesetz weiter gelten, doch anschließend wären auch Klagen dagegen möglich. Die könnte das Verfassungsgericht nutzen, um sich noch einmal mit der Materie zu befassen und womöglich schärfer zu urteilen. Dafür lassen sich zumindest Indizien aus Stellungnahmen von Richtern ableiten.
Einer würde dann wohl lachen: Finanzminister Wolfgang Schäuble, der in kleinem Kreis oft schimpft, die gewaltige Mehrzahl der Firmen bliebe auch nach einer Reform steuerverschont – und sich über das Großlobbying der Großerben lustig macht. Schäubles Schadenfreude bekämen die Erben ganz umsonst.