




Schluss, Aus, Abpfiff. Mit dem Ende der Fußballweltmeisterschaft ist nun auch in Berlin erst mal sommerliche Ruhe eingekehrt. Das Surfen auf der Begeisterungswelle, die die Kicker in Brasilien losgetreten haben, hat ein Ende. Kanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Joachim Gauck sind aus der verschwitzten Kabine strahlend zurückgekehrt.
Etliche Abgeordnete nutzten die Gelegenheit, bei der Heimkehr der Rasenhelden vom Bürofenster oder auf der Straße den Stars zuzujubeln und sich via Twitter den Anhängern von Mannschaft und Mandatsträgern in Erinnerung zu bringen (Vorsicht, kann auch Neid auslösen!). Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt hat auf der Fanmeile im Deutschland-Trikot Würstchen gegrillt (keine argentinischen Gaucho-Steaks), und auch die politische Aufregung um den ebenso überflüssigen wie harmlosen Gesang der ausgelassenen Fußballer hat sich etwas gelegt. Ruhe kehrt ein im politischen Berlin.
Ende der vergangenen Woche läutete Merkel die tote Zeit des Jahres ein. Am Donnerstag feierte sie, abgehetzt vom weitgehend gescheiterten EU-Personalgipfel kommend, ihren 60. Geburtstag. Wie schon beim letzten Nuller nicht mit einer pompösen Party, sondern mit einem Professoren-Vortrag. Das entspricht nicht nur ihrem wissenschaftlichen Interesse, sondern auch ihrer unprätentiösen Art. Dann stand noch der traditionelle Zwischenbilanz-Auftritt vor der Bundespressekonferenz auf dem Programm, danach ging’s ab in den Urlaub. Dann weiß jeder Korrespondent: Nun wird es machtpolitisch ruhig. Klar, das traditionelle Sommertheater wird es geben. Aber entschieden wird nix.
Merkel verabschiedet sich in den Sommer
Nicht alle machen wirklich Urlaub
Außenpolitisch ist das anders. Hier sind die Regierungschefin und ihr Außenminister in eine Fülle von Konfliktherden verstrickt. Die blutigsten: Ukraine und Nahost. Die heikelsten: Iran und USA. Der lästigste: Europas Personalgeschacher.
Selten hat es eine Phase gegeben, in der eine Bundesregierung an so vielen internationalen Fronten gefordert war. Ein, zwei Mal pro Woche hängt Merkel am Telefon und versucht in wechselnden Besetzungen, die Streitparteien in der Ukraine zu Zugeständnissen zu bewegen. Mal im Zwiegespräch mit Russlands Nummer eins Wladimir Putin oder dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko, mal zu viert mit dem französischen Staatschef François Hollande an Merkels Seite.
Der fast 300-fache Tod beim Abschuss der Malaysian-Airlines-Maschine am Donnerstag nahe der ukrainisch-russischen Grenze bringt die nächste Umdrehung. Außenminister Frank-Walter Steinmeier saust durch den Nahen Osten, um den drohenden Gaza-Krieg verhindern zu helfen. Viel tun könne er nicht, gibt der Routinier zu.
Sigmar Gabriel dagegen macht wirklich Urlaub. Während er mit Frau und Tochter auf der Halbinsel Usedom radelt, füllen seine Beamten das Sommerloch mit einem Vorschlag, der den Chef als obersten Verbraucherschützer ausweisen soll. Per Verordnung will der Bundeswirtschaftsminister alle Stromanbieter verpflichten, ihren Kilowattstundenpreis ganz genau aufzuschlüsseln: Was die Herstellung kostet, der Transport, aber auch die vielen staatlichen Abgaben.
Was edel klingt, ist überflüssig und riskant. Denn die meisten Anbieter listen das schon seit Jahren auf – sie zeigen schon heute gern, dass der Staat seit Jahren der einzige Preistreiber ist. Erzeugung, Transport und Vertrieb legten seit 1998 um sieben Prozent zu, Steuern und Abgaben stiegen dagegen um 263 Prozent.