
Wenn es um die Lex Porsche geht, spitzen Millionen Autofahrer ihre Ohren. Ist dagegen vom „Gesetzentwurf zur Umsetzung der Protokollerklärung zum Gesetz zur Anpassung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ die Rede, hören nur noch Steuerfreaks hin – und der Normalbürger schaltet ab. Dabei ist das eine mit dem anderen verbunden.





Worum geht es bei der Lex Porsche? Vor drei Jahren beschäftigte die Übernahme von Porsche durch VW die deutsche Wirtschaftswelt. Mit einem bemerkenswerten Schachzug gelang es Volkswagen-Chef Martin Winterkorn, die Porsche AG unter sein Konzerndach zu bringen – ohne dass dabei stille Reserven aufzudecken und ohne dass Steuern in Milliardenhöhe zu zahlen waren. Die Berater hatten sich nämlich eine ganz besondere Konstruktion für den Deal ausgedacht: Für die Porsche AG (Tochterunternehmen) erhielt die Porsche SE (Mutterkonzern) als Gegenleistung nicht nur mehrere Milliarden Euro, sondern auch eine, aber wirklich nur eine einzige VW-Aktie. Damit handelte es sich bei dem Wechsel nicht um einen Verkauf, sondern nur um eine unternehmerische Umstrukturierung.
Aufgrund dieser Konstruktion gab der baden-württembergische Finanzminister Nils Schmid (SPD) dem Deal in einer sogenannten „verbindlichen Auskunft“ seinen Segen. Als die WirtschaftsWoche über die geheime Vereinbarung berichtete, flutete eine Welle der Empörung durchs Land. Einer, der sich besonders aufregte, war ausgerechnet Schmid.
Lücke soll geschlossen werden
Seither dringt der Finanzminister aus dem Ländle im Bundesrat darauf, die „Steuerlücke“ zu schließen. Mit der Lex Porsche ist der Sozialdemokrat nun auf der Zielgeraden. Ende März verabschiedete das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf, nach Ostern geht dieser in die parlamentarische Beratung.





Die öffentliche Anteilnahme ist indes – anders als vor drei Jahren – gleich null. Dabei geht es jetzt gar nicht mehr um Porsche, der Fall ist durchgewinkt. Betroffen sind vielmehr Tausende Unternehmen, die sich neu aufstellen und intern umorganisieren möchten.
Wenn sie dabei aber künftig die stillen Reserven, die in fast jeder Bilanz schlummern, versteuern müssen, dürften es viele bei den alten, ineffizienten Strukturen belassen, befürchten der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Das könnte zum Beispiel auch die Deutsche Bank treffen, sollte sie sich tatsächlich in einen Investment- und einen Privatkundenteil aufspalten wollen.
Die Verschärfung des § 20 Umwandlungssteuergesetz (darum geht es bei der Lex Porsche) ist beileibe kein Einzelfall. Wer kennt schon den § 50 i Einkommensteuergesetz? Er besagt: Wer als Teilhaber einer Gesellschaft ins Ausland zieht, riskiert die sofortige Versteuerung der in diesem Unternehmen verborgenen stillen Reserven. Für mittelständische Unternehmen, die ihren Führungsnachwuchs nach Amerika oder China schicken, ist diese Neuregelung brandgefährlich.
Dem Standort Deutschland könnten die beiden Steuergesetze daher mächtig schaden. Doch davon bekommen Bürger und Abgeordnete so gut wie gar nichts mit. Und die Moral von der Geschichte? Weil ein Großkonzern erfolgreich eine Lücke im Steuergesetz gefunden hat, müssen nun Tausende andere Unternehmen die Zeche zahlen. Und je komplizierter die Materie, desto leichter können Politiker unbehelligt von öffentlichem Druck regieren.