Berlin intern

Edeka – kurz für: Ende der Karriere?

Gregor Peter Schmitz
Gregor Peter Schmitz Ehem. Leiter Hauptstadtbüro WirtschaftsWoche (Berlin)

Der Zoff um seine Ministererlaubnis ist brandgefährlich für Sigmar Gabriel. Kanzlerin Merkel schaut gelassen zu.

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Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Quelle: dpa

Das Kanzlerinnenflugzeug hob vorvergangenen Mittwoch erst um 14 Uhr gen Kirgistan ab, also blieb vor der Weltpolitik Zeit für Innenpolitik. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) schaute sich eine halbe Stunde vor Abflug auf Phoenix noch die Pressekonferenz an, die ihr Vizekanzler, Wirtschaftsminister und mutmaßlicher SPD-Wahlkampfgegner Sigmar Gabriel trotz Urlaubs spontan einberufen hatte – zu der brisanten Frage, ob er wirklich „befangen“ war, als er eine Ministererlaubnis für die Übernahme von Kaiser’s Tengelmann durch Edeka erließ. Das OLG Düsseldorf hatte so geurteilt.

Ein besonderes Interesse von Merkel am Einzelhandel ist nicht überliefert. Auch die ordnungspolitischen Finessen einer Ministererlaubnis dürften ihr eher gleichgültig sein. Aber die gewiefte Politikerin weiß, wie gefährlich dieses Verfahren für Gabriel werden kann. Der wollte sein Amt als Wirtschaftsminister nutzen, um sich als Genosse zu präsentieren, der mit den Bossen kann – und gleichzeitig dem Eindruck entgegentreten, er nehme es im politischen Alltag mit Details nicht so genau. Beide Ziele sind nun in höchster Gefahr. Spötter merken schon an, Edeka stehe in Gabriels Fall kurz für „Ende der Karriere“.

Entsprechend frohlockt es aus Unionskreisen, wo man von einer „Riesenblamage“ für den SPD-Minister spricht, der handwerklich versagt habe. Zwar machen einige Christdemokraten die komplizierten Voraussetzungen der Ministererlaubnis mitverantwortlich und denken über eine Reform der Erlaubnis nach, die bislang an einen intransparenten Gnadenakt erinnert.

Doch öffentlich hält man sich mit Beiträgen dazu zurück, so ein Reformantrag müsse aus dem Bundeswirtschaftsministerium kommen. Frei übersetzt: Das soll Gabriel schön alleine auslöffeln. Der Wirtschaftsminister will ja auch gegen den OLG-Entscheid rechtliche Schritte einleiten.

Eine weit elegantere Lösung für Gabriel könnte ein neuer Antrag von Edeka beim Bundeskartellamt sein. Dass der Konzern erneut einen Versuch startet, alle 450 Märkte von Kaiser’s Tengelmann zu übernehmen, ist zwar abwegig. Zu deutlich fiel das Verbot der Wettbewerbshüter aus. Zudem läuft ein Beschwerdeverfahren der Beteiligten gegen das Veto der Behörde. Bevor dieses nicht entschieden ist, kann Edeka kaum einen neuen Anlauf wagen.

von Gregor Peter Schmitz, Bert Losse, Christian Ramthun, Henryk Hielscher, Konrad Fischer, Thomas Schmelzer

Eine Alternative, die Wettbewerbsexperten derzeit durchspielen, wäre indes eine Teilübernahme. So könnte Edeka beim Kartellamt etwa beantragen, nur noch 170 Märkte zu übernehmen. Die verbleibenden Filialen könnten Wettbewerbern wie Rewe angedient oder abgewickelt werden. Schon im ersten Verfahren hatte das Kartellamt signalisiert, so einem Kompromiss zustimmen zu können. Schöner Nebeneffekt für Gabriel: Er müsste nicht mehr fürchten, im laufenden Verfahren vom Gericht Versagen bescheinigt zu bekommen.

Edeka und Tengelmann hätten sich dagegen ihre monatelange Lobbyarbeit für die Ministererlaubnis sparen können. Eine Teilübernahme von Kaiser’s Tengelmann wäre bereits Anfang 2015 möglich gewesen. Aber Rationalität ist ja nicht immer ein Geschäftsmodell.

Mitarbeit: Henryk Hielscher

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