Schlimmstenfalls bleiben Narben für immer, wenn sich zwei aus einer Politiker-Sippe verkrachen. Die Brüder Volker und Siegfried Kauder zeigen es. Dem Älteren, Unionschef im Bundestag, bleibt eine Wunde, weil er den Jüngeren, Mitglied seiner Fraktion, nicht zur Vernunft brachte. Siegfried ist politisch kaum wiederzubeleben, die CDU betreibt seinen Ausschluss. Er war im Schwarzwald-Stimmkreis abgesägt worden und trat als „Unabhängiger“ gegen den neuen CDU-Kandidaten an.
In der Politik wimmelt es von Familien-Banden. Wer als Kind unterm abwesenden Vater leidet, merkt später, dass ihn die Politik selbst gepackt hat. Es nervt, dass der Vorfahr einem im Nacken und Namen sitzt. Doch überwiegen die Vorteile. Frühe Wahl-Touren oder geübtes Händeschütteln mit Polit-Prominenz sind ein klarer Vorsprung.
Oft vererben Eltern den Hang zum Mandat. Man könnte es das Familienmodell der Union nennen. Da gibt es die bayrischen Dynastien der Strauß’, der Goppels, der zu Guttenbergs oder der Rainers (zu diesem Clan später). Bundesministerin Ursula von der Leyen und Ex-Ministerpräsident Roland Koch sind Kinder von CDU-Größen. Sohn Philipp der Ex-CDU-Abgeordneten Vera Lengsfeld rechnet sich nun Bundestags-Chancen aus. Tankred, Sohn der früheren Kandidatin als Bundespräsidentin, Dagmar Schipanski, ist schon angekommen. Wolfgang Schäuble und Schwiegersohn Thomas Strobl sitzen dort seit Jahren für die CDU.
An politischen Paaren mangelt es nicht, es ist eher das rot-grüne Modell. Doris Schröder-Köpf startete ihre SPD-Karriere nach dem Rückzug von Mann Gerhard. Michelle Müntefering steuert nach Gatte Franz in den Bundestag. Die Grünen bieten Boris Palmer und Franziska Brantner, er Tübinger OB, sie bald wohl MdB, oder Kerstin Andreae im Bundestag und Volker Ratzmann, früher Berliner Fraktionschef.
Härteste Konkurrenz ist die Stiefmutter
Mal finden sich Geschwister in verschiedenen Parteien wieder, ehemals etwa die Vogel-Brüder Hans-Jochen (SPD) und Bernhard (CDU). Mal gehen Kinder gezielt andere Wege. So kandidiert Claudia Stamm (Grüne) erneut für Bayerns Landtag. Dort sitzt sie seit 2009 in der Opposition zu Mutter Barbara, CSU-Präsidentin des Landtags. Stamm jun. stolz: „Bei der CSU bin ich als eine der Bissigsten verschrien.“
Stamm tritt in Oberbayern an, von wo eine andere Tochter gern in Richtung Bund ziehen würde. Mit Ursula Zeitlmann (Grüne) nähern wir uns der buntesten Politiker-Sippe. Ihr Vater, der frühere CSU-Innenpolitiker Wolfgang Zeitlmann nannte den Grünen-Beitritt mal „Schmarrn“. Egal. Mit Claudia Stamm zieht sie zum Trachtenfest das Dirndl an, um der CSU die Schau zu stehlen. Auch die Heirat von Zeitlmann-Tochter Brigitte mit dem früheren Ost-SPD-Politiker Thomas Krüger (Wahlplakat: „Eine ehrliche Haut“) hat der Vater weggesteckt.
Doch härteste Konkurrenz bleibt Ursulas Stiefmutter. Gerda Hasselfeldt, mit Vater Zeitlmann verheiratet, ist einflussreiche CSU-Landesgruppenchefin im Bundestag. Sie stellt sozusagen den zentralen Flicken im Polit-Patchwork dar. Läuft’s wie erwartet, zieht aber bald CSU-Verstärkung aus der Familie nach Berlin. Hasselfeldts Bruder Alois Rainer tritt für den Bundestag an. Die große Schwester dürfte seine Chefin werden. „Er war von früh an weiblichen Einfluss gewöhnt“, beruhigt diese. Metzger- und Abgeordnetensohn Alois Rainer jun. hat fünf ältere Schwestern.