
Philosophen sinnieren gern: Das einzig Beständige ist der Wandel. Die Bundesregierung überträgt diese Ewigkeitserkenntnis in die praktische Energiepolitik: Auf ihre Sprunghaftigkeit ist Verlass.
Jahrelang war die Kraft-Wärme-Kopplung Umweltministers Liebling: Weil hier neben dem Strom auch die bei seiner Erzeugung im Kraftwerk automatisch anfallende Hitze gleich mit genutzt wird, ist diese Form der Energieumwandlung besonders effizient. Oder umgekehrt: Wo Prozessdampf gebraucht wird, lässt sich nebenbei auch Strom produzieren. Deshalb hatte die Politik schon vor 15 Jahren auch hier eine hübsche Förderung ausgeworfen, um die sogenannten KWK-Anlagen flugs in den Markt zu drücken. Und alle machten mit.
Mit der Forcierung der Energiewende bekam die Technik noch weiteren Auftrieb. Wenn schon fossile Energieträger verfeuert werden müssen, dann doch bitte so rationell wie möglich. Ein Viertel der gesamten Stromversorgung, so das neue Ziel, sollte aus den Kombi-Kraftwerken kommen.
Aus diesen Gründen schwitzt die Erde
Die Anzahl der Menschen auf der Erde wächst jedes Jahr um etwa 70 bis 80 Millionen Personen. Das entspricht fast der Bevölkerungsgröße Deutschlands. Bis 2050 soll laut Schätzungen der Vereinten Nationen die Weltbevölkerung auf knapp 10 Milliarden Menschen angewachsen sein. Dass die Kinder nicht hierzulande oder bei unseren europäischen Nachbarn geboren werden, ist hinreichend bekannt. Vor allem in den Schwellen- und Entwicklungsländern in Afrika und Asien wächst die Bevölkerungszahl. Dadurch wächst auch der Bedarf an Rohstoffen, Energie, Wasser und Nahrung.
Trotz Kyoto-Protokoll aus dem Jahr 1992 hat sich der CO2-Ausstoß kaum verringert. Lediglich als 2009 aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise viele Industriestätten weniger produzierten, sank der Wert der Kohlendioxidemission auf 784 Millionen Tonnen. Schon ein Jahr später lag der Wert wieder bei 819 Millionen Tonnen. Dabei entsteht ein Großteil der Emissionen in nur wenigen Ländern wie China, den USA und der EU.
Während Carsharing und der öffentliche Nahverkehr in Ländern wie Deutschland in Zeiten hoher Benzinkosten viele Anhänger findet, ist der weltweite Trend eindeutig ein anderer. Immer mehr PKW fahren über den Globus. 2010 wurde erstmals die Eine-Milliarde-Marke geknackt. Besonders viele Autos pro Einwohner werden in Monaco und den USA gefahren.
Der seit Mai 2012 stetig ansteigende Ölpreis hat dafür gesorgt, dass Kohle wieder an Attraktivität gewonnen hat. Die Wiederauferstehung der Kohle ist für die Umwelt eine Katstrophe. Laut BUND sind Kohlekraftwerke mehr als doppelt so klimaschädlich wie moderne Gaskraftwerke. Die großen Dampfwolken aus den Kühltürmen der Kraftwerke machen ein anderes Problem deutlich: Mehr als die Hälfte der eingesetzten Energie geht meist als ungenutzte Wärme verloren.
Das Handout der Umweltschutzorganisation WWF zeigt die illegale Abholzung eines Waldgebietes in Sumatra (Indonesien). Jährlich gehen knapp 5,6 Millionen Hektar Wald verloren. Die fortschreitende Abholzung von Regenwäldern trägt entsprechend mit zur globalen Erderwärmung bei. Denn die Wälder speichern Kohlendioxid.
Rinder sind wahre CO2-Schleudern. Die Produktion von einem Kilogramm Rindfleisch in Brasilien erzeugt genauso viel klimaschädliches Kohlendioxid wie eine 1.600 Kilometer lange Autofahrt. In diese Rechnung fließen mehrere Faktoren ein. Zum einen können auf dem für die Rinder genutzten Weideland keine Wälder mehr wachsen. Zum anderen scheiden Rinder das klimaschädliche Gas Methan aus. Laut WWF sind in Deutschland fast 70 Prozent der direkten Treibhausemissionen auf die Ernährung mit tierischen Produkten zurückzuführen.
Nicht nur Unmengen an Verpackungsmüll produzieren die Deutschen. Wir schmeißen auch jede Menge Lebensmittel weg, pro Kopf etwa 100 Kilogramm pro Jahr. Auch diese Verschwendung wirkt sich massiv negativ auf das Klima aus.
Flugzeuge stoßen CO2, Stickoide, Wasserdampf, Ruß, Sulfat und andere Partikel aus und verpesten so die Umwelt. Die größte Klimawirkung hat laut atmosfair.de das reine CO2, das immer beim Verbrennen von Benzin oder Kerosin entsteht. Außerdem die Bildung von Schleierwolken und Kondensstreifen, der Aufbau vom Treibhausgas Ozon in einem sensiblen atmosphärischen Stockwerk sowie der Abbau von Methan.
Die gibt es in allen Größenklassen – vom kleinen „Zuhausekraftwerk“ im Heizungskeller von Ottilie Normalverbraucherin bis zur großen Industrieanlage. Etliche Betriebe, beispielsweise Stahlkocher oder Chemiefabriken, setzen diese Technik ein. Mal fließt der Strom in den Betrieb, die Abwärme heizt die Werkswohnung; mal nutzt die Fabrik Hitze und Elektrizität.
Im Zuge der Reform der Förderung für die erneuerbaren Energien hatte die Bundesregierung die Eigenversorgung im vergangenen Jahr mit der EEG-Umlage belastet. In der Tat war gerade für gewerbliche Betreiber der besondere Reiz, dass für selbst erzeugten und genutzten Strom keine Abgabe fällig wurde. Mit der Umlage freilich wurde die staatlich geliebte KWK unrentabel. Entsprechend versprach Energie-Staatssekretär Rainer Baake bei der Reform des EEG, dass in einem zweiten Schritt auch die KWK-Förderung erhöht werden müsse, damit die effizienten Anlagen erhalten und neue zugebaut werden.
Doch plötzlich soll schon wieder alles anders sein: Nach Atomausstieg, -umstieg und -wiederausstieg kommt nun das Aus für die Kraft-Wärme-Kopplung. Schwarz-Rot buchstabiert aus dem Kürzel KWK nun: Koalition wechselt Kurs.
Neuausrichtung - So steht es um die Energiekonzerne
Umsatzanteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung: 2,0 %
Gewinnanteil vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen: 15,0%
Installierte Minikraftwerke in Deutschland: 4000
Unterstützung des Neugeschäfts durch Vorstandschef¹: *
Kooperationen mit anderen Unternehmen: 135
¹3 Sterne = groß, 1 Stern = gering
(Stand: Juni 2014)
Umsatzanteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung: 1,7 %
Gewinnanteil vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen: 4,5%
Installierte Minikraftwerke in Deutschland: 1300
Unterstützung des Neugeschäfts durch Vorstandschef¹: **
Kooperationen mit anderen Unternehmen: 90
¹3 Sterne = groß, 1 Stern = gering
Umsatzanteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung: 2,3 %
Gewinnanteil vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen: 10,0%
Installierte Minikraftwerke in Deutschland: 205
Unterstützung des Neugeschäfts durch Vorstandschef¹: ***
Kooperationen mit anderen Unternehmen: 50
¹3 Sterne = groß, 1 Stern = gering
Umsatzanteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung: k.A.
Gewinnanteil vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen: k.A.
Installierte Minikraftwerke in Deutschland: k.A.
Unterstützung des Neugeschäfts durch Vorstandschef¹: *
Kooperationen mit anderen Unternehmen: 300
¹3 Sterne = groß, 1 Stern = gering
Was normal denkende Bürger und insbesondere Stromkunden aufregen muss: Der Wahnsinn hat Methode: Wurden in der Vergangenheit gern die teuersten Formen der Energieerzeugung besonders forciert – die Solarmodule und die Erdwärmenutzung –, wird nun die besonders effiziente Erzeugung ausgebremst.
Wirtschaftsministerium und Kanzleramt sind sich einig: Allenfalls die bestehenden Anlagen sollen mit verbesserter Förderung über Wasser gehalten werden, damit nicht jene Investitionen scheitern, die der Staat mit seinen Subventionen angelockt hat. Aber das 25-Prozent-Ziel, es gilt nicht mehr. Der Grund ist einfach: Den Zuschlag müsste der Stromkunde bezahlen, und nach dem Horror der explodierenden EEG-Umlage möchte die Koalition steigende Strompreise auf jeden Fall vermeiden.
Um politisch nicht ganz blank dazustehen, wollen die Energieexperten der Regierung nun einfach das Ziel umdefinieren: Nicht mehr ein Viertel der Stromerzeugung soll aus KWK-Anlagen kommen, sondern nur noch ein Viertel des Reststroms – also jener Energie, die aus fossilen Brennstoffen gewonnen wird. Das rückt immer näher, je mehr die erneuerbaren Energien bringen.