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Berlin intern

SPD-Wahlkampf ohne General

Gregor Peter Schmitz
Gregor Peter Schmitz Ehem. Leiter Hauptstadtbüro WirtschaftsWoche (Berlin)

SPD-Parteichef Sigmar Gabriel hat seine Partei verloren. Das ist schlimm. Schlimmer: Er hat keinen Wahlkampfchef.

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Sigmar Gabriel Quelle: dpa

Hat Sigmar Gabriel ein Frauenproblem? Der SPD-Chef gilt als, gelinde gesagt, schwieriger Vorgesetzter für weibliche Führungskräfte. Auf dem Parteitag der Sozialdemokraten fuhr er gerade auch deswegen ein desaströses Wiederwahlergebnis ein, weil er sich auf offener Bühne in einen heftigen Streit mit der kritischen Juso-Chefin Johanna Uekermann verstrickte.

Doch in Wahrheit hat Gabriel, der trotzdem (und wegen mangelnder Konkurrenz) SPD-Kanzlerkandidat werden wird, ein Männerproblem. Genauer: ein Ein-Mann-Problem, und auch das war beim Parteitag zu besichtigen.

Nach seiner Wahlschlappe setzte sich Gabriel zwar pflichtschuldig mit der neuen Generalsekretärin Katarina Barley zusammen. Doch richtig Wunden lecken wollte der Chefsozi beim Bier im Foyer mit seinem Vertrauten Matthias Machnig. Dazu kam er jedoch nicht, weil dauernd Menschen Gabriel fotografieren oder Nettes zuflüstern wollten (auch wenn sie vorher gegen ihn gestimmt hatten).

Mit nur 74,3 Prozent wird Sigmar Gabriel als SPD-Vorsitzender wiedergewählt. Der wahrscheinliche Kanzlerkandidat will die arbeitende Mitte für sich gewinnen und die Wirtschaft nicht verschrecken – doch die SPD zögert.
von Max Haerder

Die beiden Männer werden aber auch sonst nicht zusammenkommen, genau das ist das Problem. Denn Machnig, 55, ist das einzige Wahlkampfgenie in einer Partei, die sich mit Wahlkämpfen oft schwergetan hat. Für Gerhard Schröder organisierte er die legendäre Kampa, die 1998 den rot-grünen Sieg brachte. So gut war Machnig damals (und ist er in kleiner Runde bis heute), dass auch Gabriel dessen „Wiederentwicklung sozialdemokratischer Mehrheitsfähigkeit“ lobt.

Diese Wiederentwicklung wird Machnig, derzeit beamteter Staatssekretär in Gabriels Wirtschaftsressort, aber zumindest nicht im Wahlkampf 2017 verantworten. Das liegt an Gabriel selbst, der auf zu viele andere Stimmen hört, dazu später mehr. Es liegt aber auch an Machnig, der – oft herrisch und selbstverliebt wirkend – kein guter Wahlkämpfer in eigener Sache ist. Außerdem klebt ihm aus Zeiten als Thüringer Wirtschaftsminister der Vorwurf an, zu Unrecht zusätzliche Bezüge aus seiner Zeit als Staatssekretär eingestrichen zu haben. Juristisch blieb zwar nichts hängen, aber Machnig ist betont vorsichtig geworden. Führte er nun als Staatssekretär nebenbei Wahlkampf, „untersucht das doch sofort der Bundesrechnungshof“, sorgt sich ein Topgenosse.

Wer aber soll dann Gabriels Wahlkampf organisieren? Generalsekretärin Bartley ist freundlich, kundig und ambitioniert, aber unerfahren. Also könnten statt eines charismatischen Chefkochs viele Köche den Brei anrühren, auch das eine SPD-Spezialität.

Anzeichen dafür gibt es: Zum Entsetzen von Parteifreunden präsentierte Gabriel als PR-Berater Götz Elbershagen, bislang vor allem bekannt als Exmann von Jenny Elvers. Als internationale Wunderwaffe steht Jim Messina bereit, der Obama ins Weiße Haus verhalf und nun gegen sattes Honorar das Kanzleramt stürmen helfen soll. Die renommierte Werbeagentur Butter dürfte eine Rolle spielen. Und im SPD-Herzland NRW hat Gabriel gleich zwei eher konservative Medienberater angeheuert, mit Kontakten zu Kirche und Konzernen. Von dort weht meldet sich auch gerne noch Bodo Hombach, Kanzleramtschef unter Schröder und bei vielen Sozis herzlich unbeliebt.

Immerhin scheint geklärt, dass es bald wieder einen Bundesgeschäftsführer im Willy Brandt-Haus geben soll. Wahlkampfkompetenz sei bei dessen Bestallung aber nicht von zentraler Bedeutung, heißt es. Na dann.

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